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Gefühlslage der Kleeblatt-Fans: "Dann halt Tasmania Fürth"

23.10.2021, 10:00 Uhr
Gefühlslage der Kleeblatt-Fans:

© Foto: Daniel Karmann/dpa

Thomas Jung (Oberbürgermeister der Stadt Fürth): Mir gelingen aktuell beide Gefühlswelten. Einerseits bin ich mir bewusst, wie sensationell es ist, als Fürth in der 1. Liga zu spielen, und gerade das Tor gegen die Bayern war eine Freude. Mich haben aber auch schon Leute auf den Negativrekord von Tasmania Berlin angesprochen, die holten damals zehn Punkte. Sich mit solchen Zielen beschäftigen zu müssen, trübt neben den Niederlagen weiter die Stimmung.

Aber ich kann mir das Gefühl des Aufstiegs und die Dankbarkeit dafür, die Bundesliga erleben zu dürfen, immer wieder zurückholen. Mich treibt im Moment der Wunsch um, dass wir uns das schöne Gefühl des Aufstiegs nicht völlig zerstören lassen. Ich würde mich sehr freuen, wenn einfach wieder Spannung entsteht, die Mannschaft den Anschluss schafft, und dabei rede ich noch nicht mal vom Klassenerhalt. Besonders wichtig ist mir nach wie vor der Heimsieg, das ist das Minimalziel. Vielleicht gelingt uns der aber auch, wenn keiner mit uns rechnet.

Dieter Wirth (Sportfreunde Ronhof): Schön war gegen Bochum, dass es sich mit dem Support wieder richtig angefühlt hat, auch wenn die Stimmung die Mannschaft noch nicht so beeinflusst hat. Man spürt, dass das Selbstvertrauen fehlt. Gegen Bochum hätte ich erwartet, dass sie so spielt, wie in der zweiten Liga, aber man merkte, dass niemand etwas verkehrt machen wollte. Ich hätte mir mehr Mut gewünscht. Was haben sie denn zu verlieren? Selbst wenn wir Negativrekorde brechen sollten, stehe ich da drüber. Dann nennen wir uns halt Tasmania Fürth.

Mut macht, dass sich keiner im Team hängen lässt, deshalb stelle ich auch den Trainer nicht infrage – unabhängig von seinen Verdiensten. Vielleicht greifen dennoch irgendwann die Mechanismen, denn wenn man noch etwas versuchen kann, dann jetzt. Da spielt vielleicht auch der Aspekt mit rein, ob Stefan Leitl wieder mit in die 2. Liga gehen würde. Nach der habe ich allerdings keine Sehnsucht, selbst wenn die Erfolge ausbleiben. Das Theater mit dem Nachbarn brauche ich so schnell nicht mehr, wir haben genügend Derbys gewonnen in letzter Zeit. Wichtig ist, nicht kampflos aufzugeben, da sehe ich uns auf einem guten Weg.

Volker Heißmann (Komödiant und Vize-Präsident beim Kleeblatt): Ich bin zwar traurig, dass wir erst einen Punkt haben, aber es war zu erwarten, dass es ganz schwer wird, sich mit diesem Etat reinzufinden. Dennoch bin ich glücklich darüber, in der 1. Liga zu sein. Oliver Kahn, Uli Hoeneß oder Altkanzler Gerhard Schröder waren diese Saison schon auf der Tribüne – allein die höhere Aufmerksamkeit für Fürth ist schon viel wert.

Für die Finanzen gab es nix Besseres als den Aufstieg, das werden wir auch die nächsten fünf Jahre noch spüren. Auch die schlechten Jahre in der zweiten Liga dürfen wir nicht vergessen, da ist es besser, jetzt wirtschaftlich gut dazustehen, als sich den Erfolg zu erkaufen.

Ich freue mich trotz der aktuellen Situation auf jedes Spiel und bin zuversichtlich, dass wir auch noch unsere Punkte holen. Das Glück, das wir in der letzten Saison manchmal auf unserer Seite hatten, fehlt bislang noch, aber das kommt auch wieder, ich bin da überhaupt nicht entmutigt. Wir müssen geschlossen zusammenstehen, vielleicht langt es ja dann zum Wunder von Fürth. Und dann müssen wir auch noch die Feier auf dem Rathaus-Balkon nachholen! Der Klassenerhalt wäre ein prima Anlass.

Wolf Nanke (Kleeblatt-Urgestein): Ich finde, dass zwischen der Bundesliga und der 2. Liga mittlerweile zwei Klassen Unterschied zu erkennen ist, das hat sich in den Jahren seit dem ersten Aufstieg noch mal deutlich verändert. Sei es bei der Zweikampfstärke, der Technik und der Geschwindigkeit.

Die größten Defizite sehe ich bei uns in der gedanklichen Geschwindigkeit. Man merkt, dass es vom Kopf her manchmal einfach zu schnell für uns geht, uns die Gegner einen Schritt voraus sind. Das lässt sich aber auch schwer trainieren.

Das Jahr Bundesliga nimmt man mal so mit, drinzubleiben käme ja mittlerweile fast einem Weltwunder gleich. Trotzdem tut es uns wahnsinnig gut, man sieht ja am Club, wie wahnsinnig schwer es ist, in der zweiten Liga Schulden abzubauen. Wenn es aber so kommt, ist auch im nächsten Jahr die 2. Liga noch interessant. Und ich würde mich auf die Derbys wieder freuen. Die Aufstiegseuphorie ist bei mir aber nicht verblasst, ich freue mich auf jedes einzelne Spiel. Nur ein Heimsieg, der wäre mal schön.

Horst Müller (städtischer Wirtschaftsreferent und Mitglied im Aufsichtsrat der SpVgg): Für Resignation ist es zu früh, aber nach dem Spiel gegen Bochum herrschte schon eine ernüchternde Stille. Blickt man auf die Saison, hätte man auch vier Punkte mehr haben können, dann würde jeder sagen, dass wir im Soll sind.

Stefan Leitl steht für mich nicht infrage. Ich habe auch seine Reaktion, nach dem 1:5 gegen Stuttgart für mehr Stabilität zu sorgen und defensiver zu spielen, verstanden. Nur: Das ist nicht der Fußball, den die Mannschaft gewöhnt ist, drum tut sie sich auch schwer damit.

Letztes Jahr haben wir wie gegen Kiel auch Spiele gewonnen, wo du zur Halbzeit mit 0:3 noch gut bedient gewesen wärst. Dieses Quäntchen fehlt jetzt, siehe Bielefeld, aber wer weiß? Mainz hatte am Ende der Hinrunde auch nur vier Punkte. Die Neuzugänge kamen spät, vielleicht spielt sich das alles auch noch mehr ein.

Ich wünsche mir etwas mehr Zuversicht, denn das schlechte Gerede hilft weder den Fans noch der Mannschaft. Wenn wir dauerhaft im hinteren Drittel der 2. Liga stehen würden, wäre das irgendwann existenzgefährdend. So können wir auch nach dieser Saison zuversichtlich in die Zukunft blicken.

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