Gelb und giftig: Das Kreuzkraut breitet sich immer mehr aus

1.11.2020, 09:18 Uhr
Gelb und giftig: Das Kreuzkraut breitet sich immer mehr aus

© Foto: Klaus-Dieter Schreiter

Der Technische Leiter des Botanischen Gartens, Claus Heuvemann, und seine Mitarbeiterin Katrin Simon sind sich nicht ganz sicher, um welches der vielen Kreuzkräuter es sich handelt, als wir ihnen die schönen, gelben Blüten zeigen. Entweder sei es die heimische "Senecio Jacobaea", also das Jakobs-Kreuzkraut – es wird auch Jakobs-Greiskraut genannt – oder das "Schmalblättrige Greiskraut" mit dem lateinischen Namen "Senecio inaequidenz". Letztere ist ein Neophyt, also eine eingeschleppte, gebietsfremde Pflanze. Beide Greiskräuter (Senecio) haben jedoch eines gemeinsam: Sie sind für Vieh und Wildtiere, aber auch für Menschen giftig, weil sie in allen Pflanzenteilen giftige Pyrrolizidinalkaloide enthalten. Die Pflanzen bilden diese Stoffe in erster Linie, um nicht gefressen zu werden.

Imker wechseln notgedrungen den Standort

Claus Heuvemann weiß, dass auch die Imker mit dem Kreuzkraut so ihre Probleme haben. Das bestätigt der Vorsitzende des Imkervereins Erlangen, Werner Fuhrmann. Zusammen mit seinem Sohn hat er 35 Völker. "Die Imker müssen aufpassen und den Standort wechseln, wenn Kreuzkraut in der Nähe ist", sagt er. Lustig sei das nicht, weil es heute nicht einfach sei, einen vernünftigen Standort zu finden.

Mit Kreuzkraut verseuchter Honig – das könne man mit einer speziellen Analyse feststellen – sei nicht zum Verzehr geeignet. "Den Honig müssen wir vernichten."

Herbizide sind schwierig

Das Jakobs-Greiskraut, das vor allem an Feldrändern, auf Wiesen, Ackerbrachen und Magerrasen häufig vorkommt, findet Katrin Simon auch deshalb "schwierig", weil einige Landwirte Kreuzkraut freies Heu anbieten wollen, weil Tierliebhaber das schätzen. Das aber könne man nur produzieren, wenn Unkrautbekämpfungsmittel angewendet werden, meint sie. Dann würden nur noch viele Gräser wachsen, aber keine Blühpflanzen mehr. "Ich sehe das kritisch."

Gelb und giftig: Das Kreuzkraut breitet sich immer mehr aus

© Foto: Klaus-Dieter Schreiter

Der Fachberater vom Bayerischen Bauernverband in Nürnberg, Gerhard Lang, sagt hingegen, Landwirte würden ihre Wiesen nicht mit Herbiziden behandeln, und ein selektives, nur auf Senecio wirkendes Pflanzenschutzmittel gebe es nicht. Darum würden Landwirte ihre Wiesen stets sorgfältig beobachten.

Pferde bekommen Koliken

Da das Kraut nicht schnittverträglich sei, gehe es ein, wenn mehrmals im Jahr gemäht werde. Durch Mähen, aber auch durch Ausstechen könne es aus den nutzbaren Flächen herausgenommen werden. Lang bestätigt die Giftigkeit von Kreuzkraut besonders im Heu. Vergiftungen insbesondere bei Pferden – die machen sich durch nachlassende Kondition, Koliken, Abmagerung und Hufrehe bemerkbar – habe es schon gegeben, Todesfälle bei Tieren seien ihm zumindest in dieser Region nicht bekannt. Der Bauernverband warnt aber ganz allgemein: "Die Toxizität wird unterschätzt, verharmlost oder ignoriert."

Katrin Simin weiß, dass sich die Inhaltsstoffe gerade bei Pferden und Rindern in der Leber ansammeln. Weil sie die Bitterstoffe beim Fressen auf der Weide sofort bemerken würden, sei das eigentlich kein Problem. Im Heu jedoch würden sie es nicht mehr rausschmecken. "Es kann dazu kommen, dass die Tiere plötzlich sterben."

Klimawandel sorgt für Verbreitung

Und wodurch kommt nun die plötzliche Verbreitung zustande? Hier wird der Klimawandel immer wieder genannt, denn vor allem die heimische "Senecio Jacobaea" kommt gut mit Hitze und Trockenheit zurecht. Heuvemann vermutet zwar, dass sie darum auch gezielt an Autobahnböschungen ausgesät worden sei. Das aber bestreitet die Autobahndirektion Nordbayern auf Anfrage. "Im Hinblick auf die Eindämmung der Ausbreitung von Kreuzkräutern wird entsprechend der Handlungsanweisungen der Bayerischen Staatsbauverwaltung verfahren", heißt es in einer Presseerklärung.

Vom Bayerischen Landesamt für Umwelt heißt es, die Samen von Senecio würden durch Luftverwirbelungen und in Reifenprofilen transportiert. Darum würde die Pflanze entlang von Autobahnen und Eisenbahnlinien so häufig vorkommen. Außerdem produziere Senecio große Samenmengen, die vom Wind verbreitet werden.

Imker Fuhrmann meint zudem, auch die Straßenbauämter würden die Samen vermutlich unwissentlich verbreiten, weil sie verseuchten Humus an den Straßenrändern verteilen. Und dann würden sie auch noch unachtsam mähen und dabei die Samen verstreuen.

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