Gott sagt zu mir: Du sollst jeden Abend lustig sein

1.1.2012, 16:00 Uhr

((Platzhalter))Herr Heißmann, Sie haben zusammen mit Ihrem Partner Martin Rassau die Comödie vor 20 Jahren gegründet. Wie sieht Ihre Bilanz aus: Wollen sich die Leute heute mehr bespaßen lassen als früher?

Volker Heißmann: 2011 war eines unserer besten Jahre, gemessen an den Besucherzahlen. Das zeigt: Wenn es den Menschen schlechter geht, suchen sie nach Ablenkung. Das war schon in den 1920er/30er Jahren so, damals erlebten Cabaret und Komödie eine Blüte. Und nach dem Zweiten Weltkrieg holte sich nach und nach jeder einen Fernseher nach Hause, um schöne Filme zu sehen. Heute erleben wir die Finanzkrise, viele Firmen haben deswegen ihre Galas und Weihnachtsfeiern zum Jahresende gestrichen. Da gönnt sich so mancher eben einmal im Monat einen Besuch bei uns in Fürth.

Und alle wollen den Klamauk Ihrer Kultfiguren „Waltraud und Mariechen“ sehen?

Heißmann: Ach woher. Martin Rassau und ich spielen nur 70 von 300 Vorstellungen im Jahr in unserem Theater. Boulevard-Komödien, Cabaret, Auftritte von Django Asül — leichte, aber gut gemachte Unterhaltung geht immer. Bestes Beispiel sind die Aufführungen von „My Fair Lady“ auf Fränkisch in Nürnberg. Die Leute wollen lachen. Und wer will sich schon fünfeinhalb Stunden bei der Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“ den Bobbers wund sitzen? Da geh ich doch lieber zur „Metzgerei Boggnsagg“ von Bernd Regenauer...

Sie haben eine ernste Seite. Manchmal predigen Sie in verschiedenen evangelischen Kirchen. Wie passt das zusammen: Hier der Oberblödel-Heini auf der Bühne, dort der fromme Heißmann auf der Kanzel?

Heißmann: Jetzt stellen Sie unterschwellig auch diese komische Frage: Darf die Kirche lustig sein? Ja, klar! Wir haben doch einen fröhlichen Gott. Und der sagt zu mir: Du sollst jeden Abend lustig sein. Mal ehrlich: Als Jesus Wasser in Wein verwandelte und das Brot geteilt hat, da saßen die Leute doch nicht still mit gesenkten Köpfen und hängenden Mundwinkeln herum. Das war doch ein Oktoberfest, eine richtig große Sause! Der Grund, warum ich die Fröhlichkeit in der Kirche thematisiere: Ich bin in der St.-Paul-Gemeinde in Fürth groß geworden. Die Kantorin dort hat mich als Heranwachsenden ermutigt, im Kirchenchor zu singen. Heute möchte ich ein Stück von dem, was ich erreicht habe, an die Gemeinde zurückgeben, die mich gestärkt hat.

Sie haben gerade mit Ihrem Kollegen Rassau fast 1000 Vorstellungen der Weihnachtsmarkt-Persiflage „Grins-Kistlas-Margd“ absolviert. Wie hält man so was aus?

Heißmann: Das frag ich mich jetzt auch. Jedes Mal zwei Stunden (seufzt)! Es ist einfach so: Die Besucher wollen was erleben: Essen und Lachen — Panem et circenses, Brot und Spiele, wie schon im alten Rom. Und das gibt es bei uns, wir bieten deshalb Kombi-Tickets fürs Restaurant und das Theater an.

Lachen gegen die Krise scheint ein treffliches Rezept zu sein. Und Sie profitieren nicht schlecht davon. Sollten unsere Politiker sich da nicht eine Scheibe abschneiden?

Heißmann: Politiker sollen nicht lustig sein, sie sollen was können! Die müssen jetzt mal zusehen, dass sie die Probleme lösen — und uns dabei nicht auch noch zum Lachen bringen. Ehrlich: Mit einer Frau Merkel möchte ich ganz bestimmt nicht tauschen.

Wie kommt es dann, dass es bei Ihnen immer besonders lustig wird, wenn es um den CSU-Minister Markus Söder geht?

Heißmann: Hoho. Er ist ein Tausendsassa. Und er hat uns immer eine Steilvorlage geliefert. Wenn einer auf die Idee kommt, dass Kinder unter 14 Jahren um 20 Uhr daheim sein müssen — na, um so einen kommen wir dann auf der Bühne nicht herum.

Beim Frankenfasching in Veitshöchheim haben Sie ihn arg gerupft, einmal sogar das Plakat „Rettichessen mit Markus Söder“ in die Kamera gehalten. Hat er sich darüber beschwert?

Heißmann: Bei mir nicht.

Wie kommen Sie auf all die wahnwitzigen Sketche und skurrilen Geschichten, die Waltraud und Mariechen erleben?

Heißmann: Die Leute denken, wir hätten das erfunden. Aber das meiste davon passiert wirklich! Neulich kam eine ältere Dame zu mir, die erzählte mir Folgendes: Sie wollte sich ein Anwesen auf Mallorca kaufen und ging dort in eine Agentur. Der Mann sprach leidlich Deutsch, und sie sagte ihm, dass sie ein Objekt mit Meerblick suche. Das sei zu machen, sagte er. Nur als sie verlangte, es müsse zwei Bäder haben, schüttelte der entsetzt den Kopf. Erst auf Nachfragen rückte er heraus: „Im Mausoleum gibt’s kein Bad.“ Die Frau war in einem Bestattungsinstitut gelandet. Klar, dass bei dieser Geschichte was für Waltraud und Mariechen abfällt.

Noch eine ganz wichtige Frage: Woher bekommen Sie nur diese fürchterlichen Kleider, die Waltraud trägt?

Heißmann: Die näht mir Ute Scholz (Witwe des ehemaligen Nürnberger Oberbürgermeisters Ludwig Scholz, die Red.). Jedes Jahr zu meinem Geburtstag am 10. März bekomme ich von ihr eines geschenkt. Aber es wird immer schwieriger, solche hässlichen Stoffe zu finden. Ute klappert alle möglichen Läden ab und kramt in den Lagern. Meist findet sie nur Schönes.

Machen Sie nie Urlaub?

Heißmann: Ich wollte eigentlich mal zwischen Weihnachten und Neujahr zu Hause bleiben. Aber dann kamen Sie daher und wollten ein Interview...



Volker Heißmann ist mit seinem Solo-Programm und in Big-Band-Begleitung am 5. Januar in Schwabach und am 6. Januar in Ansbach zu sehen.