Ein Spiel auf Zeit

Hängepartie um Nürnberger Opernhaus-Interim: Was will die SPD?

24.11.2021, 16:33 Uhr

© Michael Matejka

"Nur im Außenbereich": Mit diesen drei Worten sorgt Nürnbergs SPD für einen Paukenschlag in der Debatte um die Zukunft der Oper. Der Innenhof der Kongresshalle bleibt als Standort für ein Interim demnach tabu für die Sozialdemokraten.

Mit dieser von einem Parteiausschuss verfassten Resolution gerät nicht nur der Zeitplan für die Entscheidung über eine Ausweichspielstätte gehörig ins Wanken. Auch das Rathausbündnis könnte bald wackeln. Denn dass am 15. Dezember wie geplant über das Interim abgestimmt werden kann, glaubt kaum noch ein Kommunalpolitiker.

Außer die CSU brüskiert ihren Bündnispartner und stimmt mit den Grünen für den Standort im Innenhof. Beide Parteien können sich das zwar vorstellen, dennoch gilt ein schwarz-grüner Alleingang als unwahrscheinlich, weil dadurch die GroKo im Nürnberger Rathaus bereits nach eineinhalb Jahren kaum reparablen Schaden nähme.

Schließlich geht es es nicht um den Standort von Straßenlaternen, sondern um Nürnbergs prestigeträchtigstes Projekt: die Zukunft der Oper. Bekannt ist, dass das alte Opernhaus am Richard-Wagner-Platz spätestens am Ende der Spielzeit 2024/25 schließen muss. Aus Brandschutzgründen. Seit langem bekannt, in der 18-jährgien Amtszeit des SPD-Oberbürgermeisters Ulrich Maly, die bis 2020 währte, nicht konstruktiv bearbeitet.

Jetzt bleiben gerade noch dreieinhalb Jahre, ehe das Interimsquartier eröffnet sein muss. Verdammt wenig Zeit für ein Großprojekt, vor allem mit Blick auf die Realisierungszeiträume städtischer (Bau-)Vorhaben.

Und doch spielt die SPD auf Zeit. Warum? Darüber wird derzeit viel gemunkelt hinter den Kulissen. Von einem "erbärmlichen Schauspiel" ist ebenso die Rede wie von einem "absurd provinziellen" Vorgang, wenn es um das Verhindern einer Innenhof-Nutzung geht. Tatsächlich beharren einflussreiche Sozialdemokraten apodiktisch auf dem Bewahren des Status quo am ehemaligen Reichsparteitagsgelände.

Kaum etwas passiert

Mit Blick auf die Kongresshalle muss man wissen, dass dort jahrzehntelang wenig passiert ist. Ältere Nürnberger erinnern sich noch an einen Treffpunkt der Verkehrsssünder, weil dort ein Parkplatz für abgeschleppte Autos Platz fand. Im Zuge der Kulturhauptstadtbewerbung kam auch auf Initiative der Kulturbürgermeisterin Julia Lehner (CSU) die Idee einer kulturellen Nutzung der teils leerstehenden Flächen in dem riesigen Gebäude auf. Ateliers und eben das Staatstheater könnten in das NS-Erbe einziehen.

Ein Gedanke, der mittlerweile jedoch als durchaus konsensfähig gilt. Längst gibt es Pläne, in denen für die Mitarbeiter des Theaters Flächen vorgesehen sind. Nur der Standort für das Interimsquartier bleibt ein Zankapfel. Nicht nur die SPD will dort ein Ausweichquartier vehement verhindern. Auch Vereine wie "Geschichte für alle" und die "BauLust" legen ihr Veto ein.

NS-Erbe international bedeutsam

Schließlich, so heißt es in einem offenen Brief an den Stadtrat, komme dem Areal "internationale Beachtung" zu. Jedweder Zeitdruck sei deshalb unangemessen, vielmehr solle in aller Ruhe nach einem geeigneten Interim Ausschau gehalten werden. Zumal die Notwendigkeit der Sanierung des Opernhauses seit mindestens einem Jahrzehnt bekannt sei.

Womit wir wieder bei der Nürnberg SPD wären, die an der nun tatsächlich vorliegenden Terminnot nicht ganz unschuldig ist. Parteichef Nasser Ahmed macht dennoch ein neues Fass auf, indem er auf den Außenbereich setzt, konkret schwebt der SPD wohl der Platz direkt neben dem Eingang des Dokuzentrums vor. Dort befindet sich derzeit ein kleiner Parkplatz, die Straßenbahnhaltstelle liegt in unmittelbarer Nähe.

Allerdings, das werfen Fachleute ein, wäre dort die notwendige permanente Erreichbarkeit für die Anlieferung neue Bühnenbilder et cetera kaum zu realisieren, am Ende würden die Kosten wohl aus dem Ruder laufen.

Das Geld für Opernhausanierung und Interim, auch das steht in der Resolution der SPD, müsse ohnehin vom Freistaat fließen. Darum, so heißt es lapidar, müsse sich der Oberbürgermeister kümmern. Auch das ist leichter hingeschrieben als umgesetzt. Zur Erinnerung: Der Maly-Nachfolger Marcus König gehört ebenso der CSU an wie die Kulturbürgermeisterin.

Es bleibt spannend

Spielt am Ende Partei- oder Kirchturmpolitik eine größere Rolle als das angeblich vorhandene Interesse, Nürnberg weiterhin als Opernstandort eine Bühne zu bieten? Denn dass der Innenhof der Kongresshalle "kein x-beliebiges Bauland, sondern ein historischer Erinnerungsort" ist, wie es die SPD-Spitze formuliert, ist bekannt. Sollte damit eine Unterstellung verbunden sein, dass sich das Staatstheater, das mehrfach in jüngster Zeit hohe Sensibilität für historische Kontexte bewiesen hat, dieses Ortes nicht würdig erweisen könnte, wäre hingegen neu und bemerkenswert. Die Weihnachtssitzung verspricht Spannung!

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