ICE-Erneuerung: Zug um Zug ins Nürnberger Werk

17.12.2011, 10:25 Uhr
ICE-Erneuerung: Zug um Zug ins Nürnberger Werk

© Edgar Pfrogner

Mit dem Stichwort „Redesign“ umschreibt ein Bahn-Sprecher, was derzeit in der Fahrzeuginstandhaltung an der Ingolstädter Straße geschieht. In langen Werkhallen zerlegen Fachkräfte die Hochgeschwindigkeitszüge der zweiten Generation und geben ihnen ein frisches Aussehen.

Neue Teppichböden und Sitze (diesmal mit Haltegriffen), komplett umgestaltete Bistro-, Familien- und Behindertenbereiche, frisch lackierte Wände — für die Optik tun die DB-Beschäftigten einiges. Jeder ICE erhält in seiner auf insgesamt 30 Jahre angelegten Einsatzzeit einmal ein „Redesign“ — nach der Hälfte der Betriebsdauer.

„Mehr Kniefreiheit“

Dabei werden die ICE2 aber nicht nur aufgehübscht, sondern auch verändert: So bekommen die rundumerneuerten Züge jeweils 13 Sitzplätze zusätzlich. Statt bislang 368 können sich künftig 381 Fahrgäste auf den Stoff- beziehungsweise Ledersesseln niederlassen. Sie werden aber nicht zulasten der bestehenden Sitzmöglichkeiten hineingepfercht, betonen die Verantwortlichen rasch.

Vielmehr fallen die Garderoben weg (sie werden durch einfache Haken ersetzt), und auch die Klettergerüste im Kinderbereich weichen der zusätzlichen Bestuhlung. Es gebe künftig nicht weniger Platz für die Reisenden, betont Projektleiter Jan Poppendieck, im Gegenteil: „Sie haben sogar eine großzügigere Kniefreiheit.“ Die Sitze wurden übrigens nicht recycelt, sondern neu angeschafft. Etwas größerer Komfort lockt bei der Stromversorgung: Wer künftig sein Handy oder Laptop aufladen will, hat mehr Möglichkeiten als bei der derzeit kargen Ausstattung. Künftig steht für jeweils zwei Reisende zweiter Klasse eine Steckdose zur Verfügung, in der ersten Klasse hat jeder Sitzplatz einen Anschluss.

Seit vergangenem Jahr arbeiten die Spezialisten-Teams der Bahn Zug um Zug ab. Mittlerweile rollt Nummer 16 der 44 ICE2-Garnituren runderneuert aus dem Werk in der Südstadt. Dabei geht es jedoch weniger um die technische Kontrolle von Radreifen, Motoren oder Elektronik: Diese Wartungsarbeiten erfolgen ohnehin ständig — unabhängig vom „Redesign“.

Doch manche konstruktiven Veränderungen erfolgen ebenfalls. So hat man beispielsweise aus dem Problem der häufig verstopften Toiletten gelernt und baut nun größere Abflussrohre ein. Außerdem verlegten die Handwerker bis jetzt 5.400 Quadratmeter Teppich und 3,8 Kilometer Fußbodenleisten (für Sehbehinderte).

Derzeit ist schon ein gutes Drittel der Hochgeschwindigkeitszüge umgerüstet, die auf speziell präparierten Strecken — etwa zwischen Nürnberg und Ingolstadt — bis zu Tempo 300 erreichen.

Werkleiter Oliver Herrmann fürchtet nicht um die Zukunft des Standorts an der Ingolstädter Straße, der noch vor wenigen Jahren geschlossen werden sollte. Er verweist auf die Produktivität seiner derzeit rund 670 Mitarbeiter: Sie erbringen heuer eine Leistung von insgesamt 730.000 Fertigungsstunden. Vor zwei Jahren lag man (bei deutlich weniger Mitarbeitern) erst bei etwas über der Hälfte. „Wir sind voll wettbewerbsfähig“, erklärt Herrmann überzeugt, allerdings erhält sein Werk zu 95 Prozent Aufträge der Deutschen Bahn. Für die Zukunft kann er sich durchaus eine Ausweitung der Fremdaufträge vorstellen. Jedenfalls sind in den nächsten fünf Jahren Investitionen für 15 Millionen Euro geplant, weitere zehn Millionen Euro sollen bis 2022 folgen.

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