ICE-Strecke im Rohbau fertig

11.6.2005, 00:00 Uhr
ICE-Strecke im Rohbau fertig

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Die ICE-Neubaustrecke Nürnberg—Ingolstadt der Deutschen Bahn (DB) AG ist die technisch ausgefeilteste und mit höchster Präzision hergestellte Bahnlinie zumindest in Europa, wahrscheinlich sogar weltweit. Mit Riesenschritten geht sie ihrer baulichen Vollendung entgegen — an diesem Montag, wird eine weitere Zielmarke erreicht: Das letzte Schienenstück auf der 3,6 Milliarden Euro teuren Super-Bahnlinie wird eingebaut.

Dazu hatte Otto Wirtschafts- und Verkehrsminister Otto Wiesheu zugesagt, als „erster Gleisbauer“ des Freistaats selbst kräftig hinzulangen. Wie sein Ministerium am Freitag mitteilte, wird ihn dort jedoch Staatssekretär Hans Spitzner vertreten.

Direktverbindung ist ein uralter Traum

Für die Bahn erfüllt sich mit der neuen Strecke ein 142 Jahre alter Wunschtraum, der jedoch erst in den letzten Jahrzehnten (wieder-)entdeckt wurde: Die direkte Verbindung München—Nürnberg über Ingolstadt, wie sie 1863 Wiesheus früher Amtsvorgänger Ludwig von Brück vergeblich gefordert hatte. Sie wird jetzt Wirklichkeit — besser, schneller und wohl unverwüstlicher, als es die Vorfahren mit ihren Mitteln wohl je vermocht hätten.

Die „neue Schlagader Bayerns“, wie der DB-Konzernbevollmächtigte für Bayern, Klaus-Dieter Josel, die Hochgeschwindigkeitsstrecke auf neuer und teils alter Trasse schwärmerisch nennt, wird nach seiner Auffassung dazu beitragen, die beiden großen Wirtschaftsräume des Freistaats noch näher zusammenzurücken. Und sie wird die Infrastruktur Bayerns nachhaltig prägen: „Wenn der ICE mit Tempo 300 an der A 9 vorbeifliegt, werden die Autos mit Tempo 160 nur noch kriechen!“ Diese sichtbare Fahrzeitverkürzung zwischen Nürnberg und München um dann 40 Minuten werde laut Josel dazu beitragen, dass der Fahrkartenverkauf der DB und damit die Auslastung ihrer Züge ansteigen wird.

Dieser Nachfrageschub werde aber nicht nur im bayerischen Metropolenverkehr, sondern bundesweit spürbar werden. „Denn die Verkürzung der Fahrzeit wird zu nachhaltigen Verbesserungen im Fernverkehr nach Norden und Westen führen“, ist Josel im Vorgriff auf die Eröffnung der Bayern-Direttissima Ende Mai nächsten Jahres optimistisch. Den Sorgen der Schwabenmetropole Augsburg, dann von der großen Bahnwelt abgehängt zu sein, will die DB laut Josel mit einem Fahrplankonzept begegnen, das bis zum Beginn der Sommerferien vorgelegt werden soll. Es soll sich dem Vernehmen nach nicht darauf beschränken, die Schwaben auf die ICE-Linie Frankfurt—Stuttgart—München zu verweisen.

Nebulös ist auch noch das Konzept für den Hochgeschwindigkeits-Regionalverkehr, den Minister Wiesheu auf der neuen Strecke haben will. Weil es dafür am Markt noch keine geeigneten Fahrzeuge gibt, ist eine europaweite Ausschreibung vor 2006 wenig sinnvoll. Deshalb will die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) durch eine Preisanfrage ein Bahnunternehmen finden, das die Super-Express-Züge fährt, die künftig an den beiden extra dafür gebauten Regionalbahnhöfen Allersberg (Kreis Roth) und Kinding (Kreis Eichstätt) halten werden.

Preispoker um den Regional-Super-Express

Zwar schweigt sich die BEG zu Details aus, doch wollen Eingeweihte wissen, dass die Anfrage an mehrere Bahnbetreiber gerichtet wurde. Die DB hat dabei die Favoritenrolle, weil sie mit aufgemöbelten Ex-InterRegio-Wagen preislich wie technisch die beste Startposition hat. Die Glaubensfrage, ob diese Züge mit Tempo 200 fahren müssen oder ob nicht auch 160 km/h ausreichen, ist nebensächlich geworden, seit zwischen DB und BEG hinter den Kulissen ein Krieg um die Fahrpreise für diese Züge tobt. Wenn ihr der Freistaat mit dem Bayern-Ticket die Fahrgäste für den ICE wegschnappen wolle, werde sie dies nicht tatenlos hinnehmen, soll die DB drohen.

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