In guter Gesellschaft mit sagenhaften Kreaturen

14.12.2017, 19:27 Uhr
In guter Gesellschaft mit sagenhaften Kreaturen

© Foto: Siegfried Schüller

Sagenhafte Kreaturen bevölkern die eher humorigen Geschichten. Da gibt es sympathisch-harmlose Teufel, Erzengel, Wassernixen, Wehrwölfe und Besucher von fremden Planeten. Ernst wird es erst, wenn es um den "ganz normalen" Menschen geht. Dessen gravierende Fehler und Schwächen findet Schüller allerdings nicht wirklich verwunderlich. Denn schließlich, so meint er, handele es sich bei besagter Spezies ursprünglich um den Erstversuch eines göttlichen Selbstbildnisses. Dass dabei nicht gleich ein Meisterwerk entstanden ist, blieb leider zunächst unbemerkt. So wurde die vermeintliche Krone der Schöpfung ihr letztlich am wenigsten geglücktes und am wenigsten glückliches Element.

Das misslungene Ebenbild des Allerhöchsten hat jedenfalls rasch angefangen, gewaltig Unfug zu treiben. Seine beiden folgenreichsten Fehler waren und sind, dass es sich schnell langweilt, und dass es immer alles haben will. Für ein flüchtiges Abenteuer, für die Erfüllung eines kleinen Wunsches wird bedenkenlos jedes Paradies geopfert. In den vorliegenden kurzen Geschichten werden einige krasse Beispiele jenes eigenartigen menschlichen Denkens und Verhaltens vorgestellt.

Ob deutscher Kleingärtner, US- amerikanischer Kampfflugzeug-Pilot oder indischer Sultan: Siegfried Schüllers fiktive Helden sind auf törichte Art schlau. Höchst einfallsreich und hartnäckig rennen sie nach allem, was sie für erstrebenswert und wichtig halten.

Ein ruhiges, friedfertiges Leben kommt allenfalls für die allerletzte Lebenszeit (kurz vor dem unvermeidlichen Tod) in Betracht. Bis es soweit ist, wird gewühlt und gestrebt, auch wenn das vielfach keineswegs zum erwünschten Ziel führt. Im Gegenteil. Gerade die Betriebsamsten fallen reihenweise auf die Nase. Aber sie rappeln sich immer wieder auf, um möglicherweise noch närrischere Pläne zu verfolgen.

Als positive Antithese zum oft allzu ambitionierten menschlichen Treiben betrachtet Siegfried Schüller die durch und durch schlichte, anspruchslose Lebensweise der Tiere. Von dieser Hochachtung des Autors zeugen einige seiner formal und inhaltlich gelungensten Geschichten. Eindrucksvoll beschrieben wird die natürliche Anmut und Würde von Existenzen, die auf elementare Verrichtungen wie Nahrungssuche und Fortpflanzung reduziert sind.

Rückhaltlos gelobt wird die instinktgesteuerte Unbeirrbarkeit der Kröten, die ebenso naturgegebene Geduld der Spinnen, der aus unserer Sicht "unvernünftige" Mut der Spatzen und die allen Gefahren trotzende Zähigkeit der Schakale. Diesen Geschöpfen (sowie den eingangs erwähnten mythologischen Gestalten) fühlt sich Siegfried Schüller brüderlich verbunden. Irgendwie brüderlicher als dem unverbesserlichen "Problemtier" Mensch.

Siegfried Schüller: Von Maulwürfen, Männern und anderen Tieren. Verlag BoD, 192 Seiten, 13,80 Euro.

Keine Kommentare