Ist Pippi Langstrumpf rassistisch?

24.2.2011, 17:20 Uhr

Wenn Pippi Langstrumpf in dem gleichnamigen Buch ihren Vater den „Negerkönig“ nennt, macht das Kaisa Ilunga sauer: Der Ausdruck sei rassistisch, sagt er. Der Mann aus dem Kongo lebt seit mehr als 20 Jahren in Deutschland. Der Schwarze ist Mitglied im Bonner Integrationsrat. Der Verlag Friedrich Oetinger hat die Wörter „Neger“ und „Zigeuner“ 2009 zwar aus dem Werk von Astrid Lindgren gestrichen und nennt Pippis Vater jetzt den „Südseekönig“. Aber: In rund 70 alten Exemplaren in der Stadtbibliothek Bonn ist immer noch die Rede vom „Negerkönig“ oder von Pippi, der „Negerprinzessin“.

Das will Ilunga ändern. Auch an Bonner Schulen verwende man noch die alte Auflage im Unterricht, erklärt er. Seinen Ärger teilen andere Eltern und auch Schüler. Deshalb hat der 54-Jährige einen Antrag gestellt: Die Bücher sollen weg aus Stadtbibliothek und Unterricht.

War Astrid Lindgren eine Rassistin? Wohl eher nicht. Denn als die schwedische Autorin das Buch schrieb, „war in Skandinavien das Wort ,Neger’“ die übliche Bezeichnung für Menschen mit schwarzer Hautfarbe“, heißt es seitens des Oetinger-Verlags.

Es sei auch bis in die 1970er Jahre normal gewesen, das Lied „Zehn kleine Negerlein“ zu singen, zitierte der Bonner „General-Anzeiger“ den Germanisten Jan Seifert. Die Wissenschaftlerin Antje Hornscheidt, die sich mit dem Thema beschäftigt hat und zusammen mit Susan Arndt das Buch „Afrika und die deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk“ verfasst hat, erklärt: Das „N-Wort“ sei auch in den 1970er Jahre bereits rassistisch gewesen. Es habe nur kein Bewusstsein dafür in der Bevölkerung gegeben.

Der Historiker und Antisemitismusforscher Wolfgang Benz wies vor wenigen Tagen auf „Kolonialrassismus und weiße Dominanz“ in Lindgrens Werk hin. Kinderheldin Pippi sage zum Beispiel, „dass es im Kongo keinen einzigen Menschen gibt, der die Wahrheit sagt. Sie lügen den ganzen Tag“. Im „Taka-Tuka-Land“ sei Pippis Vater als Weißer automatisch König.

Diesen Vater zum Südseekönig zu krönen, war nicht leicht für den Oetinger-Verlag: Astrid Lindgren sei ihr Leben lang gegen eine Änderung ihres Buches gewesen. Auch mit ihren Erben habe man lange verhandeln müssen. In der DDR dagegen hat man das Problem mit dem „Negerkönig“ schon immer umgangen: Dort hieß Pippis Vater „König der Takatukaner“.

In Bonn stehen die Chancen derweilen gut, dass Pippis Vater bald einen neuen Namen bekommt: „Wir nehmen die Bitte des Herrn Ilunga sehr ernst“, sagte Stadtsprecherin Monika Frömbgen. Man wolle nach und nach die Bücher austauschen.

Auch an anderen Büchern gibt es Kritik: Das Buch „Tim im Kongo“ aus der Comicreihe „Tim und Struppi“ sei ebenfalls rassistisch, sagt Antje Hornscheidt.

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