(K)nackige Kerle bei der Ladies Night Gunzenhausen

14.9.2017, 17:58 Uhr
(K)nackige Kerle bei der Ladies Night Gunzenhausen

© Kristy Husz

Frostige Böen pusten am Schießwasen den dienstagabendlichen Festplatz-Besucher von Stand zu Stand. Drinnen im "Regionalzelt formerly known as Weinzelt" bläst dagegen ein fiebrigerer Wind, und das hat jetzt nicht unbedingt etwas mit dem Wetter zu tun. Wer ins Warme will, sollte allerdings volljährig und tunlichst im Besitz beider X-Chromosomen sein: Männer müssen hier nämlich leider draußen bleiben. Es sei denn, sie heißen zufällig Gambrinus oder sind zum Schuften da.

Hat die Frau die Pforten des Sündenpfuhls erfolgreich passiert, wird ihr auch schon von freundlichen Gehilfinnen der Aufbrezel-Industrie der letzte Schliff verpasst. Einen Hauch mystischer Aura versprühen zwei Duftwasser-Expertinnen der Parfümerie Neidhardt, beim Team des Friseursalons "Haarmonie" rund um Chefin Monika Kränzlein treffen willige Strähnen auf dem Anlass angemessenes Flechtwerk.

Frisch bestäubt und kunstvoll verdrahtet gilt es sodann, sich eine Sitzgelegenheit in Laufsteg-Nähe zu sichern, die frühen Vögelchen gar mit einem Gläschen Gratis-Schwips in petto. Dazu macht "DJ Burns" seinem Namen alle Ehre und – was sonst – brutzelt auf der Bühne die fettesten Schlagerhits und Club-Beats zusammen. Ein kurzer Blick aus seiner Perspektive beweist einmal mehr: Unaufhaltsam schreitet die Dirndlfizierung sämtlicher Kirchweihen in Franken voran, und Gunzenhausen bildet seit geschätzt 15 Jahren keine Ausnahme, egal wie herbstlich kühl es draußen sein mag.

Weil die Mädels folglich fast alle bereits perfekt ausstaffiert sind, wirkt die Modenschau von "Päckert’s", dem Pappenheimer Spezialgeschäft für den feschen Trachten- und Landhaus-Look, irgendwie ein bisschen so, als würde man Wasser in die Altmühl schütten. Doch wer weiß – wahrscheinlich geht der Trend mittlerweile zum Zweit- oder Drittdirndl, und Lederhosen darf die Dame von (bayerischer) Brauchtumswelt inzwischen ja ebenfalls tragen. Die Euphorie über aktuelle Trends sei der anwesenden Weiblichkeit, den stolz flanierenden Mannequins und Moderator Holger Wenzel also gegönnt.

Steile Erregungskurve

Langsam wird es aber trotz all der luftigen Unterkörper-Bekleidung schwitzig im Moloch aus Flitter, Schminke und Haarspray, steil steigt die Erregungskurve nach oben. Der Weißenburger Sänger David Hoyer treibt die frivol feiernden Frauen trällernd an, und mit dem Seiler-und-Speer-Ohrwurm "Ham kummst" hoch auf die von Reben- und Gerstensaft durchfeuchteten Bierzeltgarnituren; ein weiterer Live-Act peitscht die Stimmung himmelwärts; und endlich ist die Sause auf ihrem Gipfel angekommen: Drei (k)nackige Kerle dürfen im Östrogen-Ballungsraum Mäuschen spielen.

Und just in diesem Moment trennt sich bei der geschlossenen "Ladies Night"-Gesellschaft schlagartig die Spreu vom Weizen. Manche sind mit Feuer und Flamme, Sprühsahne und Body-Oil bei der Sache – andere verfallen in Schockstarre oder Panik, als wäre der Leibhaftige hinter ihnen her, wenn der jeweilige Stripper auf der Suche nach einer Stuhltanzpartnerin die Augen durchs Publikum gleiten lässt. Kein Wunder: Ziemlich beste Busenfreundinnen sorgen per Smartphone loyal dafür, dass die Hand im Schritt des Mannes und peinliche Gesichtsausdrücke für alle Ewigkeit festgehalten werden.

Tapfer lächeln und mitmachen ist dennoch keine verkehrte Strategie bei der erotischen Fleischbeschau zu Suspense-Musik. Das Schöne daran ist, dass sich die "Malibu Beach Boys" selbst nicht allzu ernst nehmen: Zwischen den Eröffnungssongs "Sex Machine" und "Ein bisschen Spaß muss sein" liegt bekanntlich ein weites Feld, vom Frank-Zappa-Verschnitt über den "Terminator" bis hin zum "Baywatch"-Rettungsschwimmer ist für jeden Fetisch das passende Adamskostüm dabei — und um die Ecke befindet sich ja sowieso die Geisterbahn. Flutscht. Später, als den restlichen Herren der Schöpfung der Zutritt zum Festzelt Gruber wieder erlaubt wird, gibt’s schließlich eine Verlosung und die obligatorische After-Show-Party.

So einen Weiberfasching mit Kerwa-Anstrich braucht frau sicherlich nicht alle Tage. Aber den klassischen Sexobjekt-Spieß mal inklusive Rahmenprogramm umzudrehen, hatte durchaus seinen Reiz.

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