Konflikten geht er nicht aus dem Weg

30.6.2015, 20:12 Uhr
Konflikten geht er nicht aus dem Weg

© Foto: Weigert

Für den 77-jährigen Thume ist wichtig, dass die nächste Generation Verantwortung übernimmt. Lange war der gebürtige Hamburger Vorsitzender des Nürnberger Katholikenrats. Der Rat soll die Meinung der Laien in der Kirche deutlich werden lassen — und Karl-Heinz Thume war immer deutlich.

Dass er Konflikten aus dem Weg ging, kann man nicht behaupten. Wenn der Jurist von einer Sache überzeugt ist, setzt er sich mit Nachdruck und Überzeugungseifer dafür ein, auch wenn er weiß, dass sein Gegenüber — beispielsweise ein Bischof — anderer Meinung ist.

Die Konfliktberatung bei Schwangerschaft war so ein Fall. Für Thume stand fest, dass die katholische Kirche sich an dem deutschen Modell beteiligen musste: Schwangere, die abtreiben wollen, müssen in einer Beratungsstelle ein Gespräch mit Fachfrauen absolvieren. Erst danach erhalten sie einen Schein, der ihnen eine vom Gesetzgeber akzeptierte Abtreibung ermöglicht.

Die deutsche katholische Kirche brachte sich anfangs mit Beratungsstellen ein, wurde jedoch dann aus Rom zurückgepfiffen. Joseph Ratzinger, damals Vorsitzender der Glaubenskongregation, hatte den Daumen gesenkt. Die deutsche Bischofskonferenz war zwar anderer Meinung, wurde jedoch schließlich auf Kurs gebracht. Zähneknirschend mussten die Oberhirten anordnen, dass nur mehr Beratung, nicht jedoch mehr Schein-Abgabe möglich ist.

In dieser Situation entschlossen sich profilierte Katholiken zur Gründung von „Donum Vitae“ (lateinisch für: Geschenk des Lebens). Der Verein sollte weiterhin eine Beratung mit Schein-Abgabe ermöglichen. Thume war 1999 bei der Gründung der Nürnberger Niederlassung dabei. Seither haben die Mitarbeiterinnen in Nürnberg, Hersbruck und Schwabach eine qualifizierte, intensive Beratungsarbeit aufgebaut.

„Frauen nicht im Stich lassen“

Allein im vergangenen Jahr suchten 1206 Frauen und Männer Rat und Hilfe. Dabei ging es nicht nur um die Schein-Frage, sondern auch um weitere Begleitung. Denn falls sich eine Frau gegen Abtreibung und für ihr Kind entscheidet, darf man sie anschließend nicht alleinlassen, so die feste Überzeugung der „Donum-Vitae“-Mitarbeiterinnen. Ungesicherte Lebenssituationen, lose Partnerschaften, Geldmangel, aber auch Aufklärung — die jungen Mütter benötigen häufig Unterstützung.

„Als katholische Kirche können wir die Frauen nicht im Stich lassen“, betont Thume, der für sein Engagement mit der Bürgermedaille der Stadt ausgezeichnet worden ist. Er möchte gern weitere Menschen für den Verein und sein Anliegen gewinnen — momentan hat die Gruppierung 140 Mitglieder. „Es sollten noch viel mehr werden, um dem um sich greifenden Egoismus in unserer Gesellschaft etwas entgegenzusetzen.“

Wie viele Kinder dank „Donum Vitae“ in Nürnberg das Licht der Welt erblickt haben, kann man nicht beziffern: Schließlich müssen sich die Frauen nach der Beratung nicht mehr bei dem Verein melden, außerdem besteht Vertraulichkeit. Thume will auch gar keine „Erfolgsquote“ hochrechnen, er unterstreicht: „Es lohnt sich, um jedes einzelne Lebewesen zu kämpfen.“

Da blitzt sie wieder durch, die Lust, gesellschaftliche Zustände mitzubestimmen. Doch der Rechtsanwalt ist kein „Postenhäufler“, er braucht keine Ehrenämter zur Selbstbestätigung. Jetzt widmet er sich erst einmal wieder der Schriftstellerei, allerdings einer recht trockenen Materie: Er schreibt an einem neuen Werk zum Handelsrecht. Für den 77-Jährigen ist das ein geistiges Fitness-Programm, das genauso wie der Theaterbesuch oder ein Spaziergang im Pegnitztal zu seinem Alltag gehört. Sich nicht gehen lassen, sondern sich fordern, das ist seine Maxime.

Infos zu „Donum Vitae“, Königstraße 70, Tel. (09 11) 9 92 84 00. Spenden an Verein unter IBAN: DE 93 7605 0101 0001 3431 68

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