Auf den Spuren des Bauhauses in Tel Aviv

9.10.2019, 18:51 Uhr
Auf den Spuren des Bauhauses in Tel Aviv

© Foto: Wolf-Dietrich Nahr

Jene, denen rechtzeitig die Flucht vor den Nazis gelang, die dem Holocaust entgingen und die im "gelobten Land" neu anfingen, brachten auch die Ideale und Prinzipien des Bauhauses in den neuen Staat Israel. Von 1931 bis 1937 entstanden in Tel Aviv rund 4000 Häuser – Wohngebäude und Zweckbauten, von denen viele bis heute genutzt werden.

Spurensuche vor Ort

Der Journalist und Fotograf Wolf-Dietrich Nahr hat sich in Tel Aviv mit der Kamera auf Spurensuche begeben. Zu sehen sind seine Fotografien jetzt im Thon-Dittmer-Palais in Regensburg, wo die Ausstellung "Tel Aviv – Menschen im Bauhaus" ein Kapitel deutscher Architekturgeschichte im Kontext des 21. Jahrhunderts beleuchtet.

Nahr, der hauptberuflich Redakteur des Verlags Nürnberger Presse ist und für die Neumarkter Nachrichten arbeitet, näherte sich dem Thema bewusst aus einer fototechnisch archaisch anmutenden Warte: Seine Kamera Mamiya 67 stammt aus einer Zeit, als Mode- und auch Architekturfotografen gerne zum "Großen Mittelformat" griffen. Die Negative messen sechs mal sieben Zentimeter.

Um den schädlichen Einfluss der Durchleuchtungsgeräte auf den Flughäfen auszuschalten, bestellte sich Nahr seine schwarzweißen Rollfilme erst in Israel – und entwickelte sie nachts im Bad seines Hotelzimmers. "Ich hatte extra ein Zimmer gebucht, dessen Bad keine Fenster hat", erzählt Nahr, der "mit einem Koffer voller Negative" zurückkam.

Passend zum Material, mit dem er arbeitete, inszenierte der bekennende Bauhaus-Fan Nahr auch seine Fotografien: kontrastreich. Auf einem in typischer Manier des "Internationalen Stils" geschwungenen Balkon stehen israelische Teenager und betrachten neugierig den deutschen Fotografen mit seiner im Digitalzeitalter ziemlich exotisch wirkenden Ausrüstung. Ein Jeansträger erklimmt einen schlicht gehaltenen Treppenaufgang, der keine rechten Winkel hat.

Nahr schlägt die Brücke zur Entstehungszeit: In der Regensburger Ausstellung sind auch zwei historische Aufnahmen aus dem Archiv des israelischen Kult-Fotografen Rudi Weissenstein zu sehen: Er war in den 30er Jahren aus Mähren in das damalige Palästina emigriert.

Würden sich nicht hinter manchem Gebäude Palmen im Wind wiegen, man wähnte sich im Deutschland der 1920er Jahre. Sehr beeindruckend.

"Tel Aviv – Menschen im Bauhaus". Thon-Dittmer-Palais, Haidplatz 8, Regensburg: Bis 2. November, Mo.–Sa. 8–20 Uhr. Die Ausstellung ist vom 10. November bis 10. Dezember auch im Bauhaus-Center in Tel Aviv zu sehen.

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