Bachwoche: Voodoo-Zauber mit Jimi Hendrix

29.7.2019, 11:29 Uhr
Bachwoche: Voodoo-Zauber mit Jimi Hendrix

© Foto: Hans von Draminski

John Coltranes melancholisches Saxophon-Statement "Naima" nimmt es in seiner schreitenden Intensität auch in der ungewöhnlichen Kombination von Streich- und Zupfinstrument durchaus mit der "Sarabande" aus der c-moll-Suite des Barockmeister (BWV 1025) auf. Der hätte wahrscheinlich gar nicht gewusst, wovon in Hendrix‘ "Voodoo Child" die Rede ist. Und doch sind sich der US-Gitarrist und der Stadtpfeifer-Spross aus Eisenach in ihrem radikalen Vertrauen auf die Eigensprache von Klängen sehr nah.

Davon vermittelte das auch apart moderierende Duo ein Menge bei seinem heftig beklatschten Recital im (renovierungsbedürftigen) Prunksaal der Residenz. Es vergaß dabei auch nicht jenen Heroen aus der unmittelbaren Generation vor Johann Sebastian Bach, den erst das späte 20. Jahrhundert wieder auf seinen angemessenen Platz im Musikerolymp zu setzen verstand: Gambenmeister Marin Marais.

Jenseits höfischer Zelebration

Mönkemeyers Hinweis stimmte: Die intimen Stücke, die auf Viola, Laute und Theorbe erwuchsen, wären zu Markgrafen-Zeiten kaum im Thronsaal, sondern mehr in den benachbarten Gemächern erklungen. Aber sie brauchen das Höfische nicht, weil sie das Menschlich-Universelle in den Blick nehmen.

Das gelang auch einer kleinen kammermusikalischen Abordnung des Hamburger "Ensemble Resonanz" zusammen mit Butoh-Tänzer Tadashi Endo in der Johanneskirche. Die Wurzel dieses "Tanzes der Finsternis" liegen in den Anfängen des Ausdruckstanzes einer Valeska Gert oder Mary Wigman in den Zwanziger Jahren. Wobei hier die Körperspannung noch viel wichtiger als bei expressionistischen Wirbeleien ist, denn die Bewegungen vollziehen sich wie in Zeitlupe.

Endos Bewegungen in diesem mediativen Körpertheater sind zwar extrem langsam, und doch kommt es immer wieder zu energetischen Entladungen, die den Bewegungs-Vorgang quasi in Kapitel teilen. Es klingt plakativ, trifft aber zu: Tadashi Endo sagt über sein Tun "Ich tanze nicht – ich werde getanzt."

Und das nicht nur zu Bach, sondern auch zu dem zeitgenössischen Komponisten Toshio Hosokawa (mit Nico Son am elektronischen Apparat). Hier treffen sich zwei nonverbale Kunstformen und erzielen einen eigenwilligen Mehrwert: So etwas muss ein Festival sich leisten, auch wenn das Publikum eher zurückhaltend strömte.

Und wie steht es mit dem neuen Orchestra in residence "il Gusto Barocco"? Beim Eröffnungskonzert in der Orangerie, in der kein Quadratzentimeter Sitzfläche frei blieb, zeigte sich die Instrumentalgemeinschaft sehr motiviert und mit ausgelassener Spielfreude, auch wenn beispielsweise das 5. Brandenburgische Konzert natürlich eher einem Cembalo-Solo mit kollektivem Vorspiel gleicht.

Ein Hauch von Oper

Dirigent Jörg Halubek konnte hier seine Überlegenheit am Cembalo unter Beweis stellen. Aber stärker in Erinnerung bleibt jenes Werk, das vielleicht am nachhaltigsten eine Ahnung davon zu geben vermag, wie der Opernkomponist Johann Sebastian Bach geklungen hätte: Keine Komposition des Thomaskantors ist größer und vielfältiger besetzt als "Der zufriedengestellte Äolus".

Dieses "Dramma per Musica", das zwischen weltlicher Kantate und Singspiel changiert, ehrt einen Leipziger Rechtsprofessor, der es verstand, seine juristisch diffizilen Gegenstände sehr klar und ohne rhetorische Verrenkungen zu vermitteln. Ähnlich ging auch das Vokal-Nonett "Amarcord Plus" vor. Ob als Chorgemeinschaft oder in Einzelrollen aufgeteilt, schlüpften die Sänger flink von der Jubel-Attitüde in den nächsten Affekt. So abwechslungsreich darf es bei der Bachwoche weitergehen!

InfoBachwoche heute: Landpartie nach Dennenlohe mit einem Konzert (15 Uhr) in der Kirche Unterschwaningen; 19.30 Uhr, Ansbach, Orangerie: Klavierduo Ya‘ara Tal und Andreas Groethuysen.

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