Umsonst & Draußen
Bardentreffen 2022: Jetzt steht das Programm - es sind ein paar wirklich feine Leckerbissen dabei
27.6.2022, 17:53 Uhr
90 Künstler aus 20 Ländern von Kuba bis Tuwa an acht Spielstätten mitten in der Nürnberger Altstadt sorgen für über hundert Stunden Musik umsonst & draußen. Dazu viele Straßenmusiker, so es diese noch gibt – und das alles nach wie vor bei freiem Eintritt.
"Die Zeiten sind nicht ruhiger und zuversichtlicher geworden", sagt Andreas Radlmaier, Leiter des veranstaltenden Projektbüros der Stadt, und Nürnbergs Bürgermeisterin Julia Lehner fügt hinzu: "Auf der einen Seite ist man beruhigt und dankbar, mit Großveranstaltungen endlich wieder an 2019 anknüpfen zu können. Das Publikum ist da und mit ihm das Bedürfnis, zu flanieren und zu verweilen, das hat die Blaue Nacht im Mai deutlich gezeigt."
Doch die Vorbereitungen des Festivalwochenendes waren dieses Mal mehr denn je ein Kraftakt. Neben der noch längst nicht ausgestandenen Pandemie wirft auch ein Krieg in Europa, der bereits spürbar ist, Schatten – von einer Planungszeit im permanenten Konjunktiv ganz zu schweigen. Hinzu kommen Personalmangel, fehlende Fachleute und eine sich munter drehende Preisspirale.
Auch das Booking läuft längst nicht mehr so unschuldig wie früher: Grenzenlos ist zwar die unsichtbare Überschrift über dem Weltmusikfestival, trotzdem braucht es ein genaues Hinschauen, wen man da einlädt, weil man ja nicht so bruchlanden will wie die Documenta oder der Echo-Preis.
Satte 40 Prozent ist das Bardentreffen in den letzten acht Jahren teurer geworden – bei gleichgebliebenem Umfang. Die aktuellen Entwicklungen sind da noch gar nicht mit eingerechnet. Umso überraschender, dass das Budget der Stadt unverändert geblieben ist. Ohne finanzmächtige Sponsoren wie die Sparda-Bank im Hintergrund ginge es trotzdem schon längst nicht mehr.
Doch auch die Besucher sind angehalten mitzustemmen: Durch den Kauf den Programmhefts und eines Festivalansteckers (dieses Jahr ein Schlagzeug – das Instrument des Jahres) für schlanke fünf Euro kann jedermann seine Sympathie zu dem Festival bekunden, ein paar zusätzliche Euro spielt es zudem in die Festivalkasse.
Ein weiteres Thema, das die Festivalmacher beschäftigt, ist – Überraschung! – Nachhaltigkeit. Dieses Jahr kommt erstmals der komplette Strom zu 100 Prozent öko aus der Region. Neben dem bereits in den letzten Jahren praktizierten Verzicht auf Einweggeschirr fällt interessanterweise auch die vieldiskutierte Frauenquote auf Festivals unter diese Rubrik, doch auch hier kann das Bardentreffen locker punkten. Auf der MUZ-Bühne am Lorenzer Platz, die jungen, modernen Klängen der unterschiedlichsten Genres vorbehalten ist, liegt man sogar bei über 50 Prozent Frauen auf der Bühne.
Womit wir bei der Musik angekommen sind, die ja möglicherweise immer noch wichtig ist – vor allem im Live-Kontext. Tolle Konzertmomente und Glücksgefühle des Gemeinsamen versprechen unter anderem die Auftritte der israelischen Friedensaktivistin Yael Deckelbaum ("Prayer Of The Mothers"), des lateinamerikanischen Mariachi-Damen-Quartetts Flor de Toloache aus New York City, der Münchner Soul-Pop-Sängerin Ami Warning, der schottischen Flinke-Finger-Folker Talisk (aus Nürnbergs Partnerstadt Glasgow) und des oberbayerischen Retro-Bluegrass-Quartetts Johnny & the Yooahoos.
Außerdem: Die irische Pop-Sängerin Wallis Bird, die folklorefreien DunkelvolXmusikanten Dreiviertelblut, die unverwüstlichen Erbverwalter Ton, Steine, Scherben feat. Gymmick, die eigenwillige Kölner Combo Erdmöbel, die swingende Berliner A-Cappella-Band Gretchens Antwort und die dreistimmigen Henry Girls aus Irland.
Aus Berlin kommt das mitreißende Beatboxensemble The Razzzones, das alles mit dem Mund macht – und damit bereits ein Millionenpublikum bei "Voice of Germany" begeisterte. Mit Elena Steri, Hanna Sikasa, LEAK, Bambägga, Muddy What?, A Tale Of Golden Keys und "Nun flog Dr. Bert Rabe" präsentiert sich auf der MUZ-Bühne am Lorenzer Platz eine Auswahl der derzeit heißesten Bands und Musiker aus dem Großraum.
Dazu moderierte Künstlergespräche, Tanzworkshops, die Straßenbühne vor der Sparda-Bank, drei Tage Kinderprogramm auf der Insel Schütt und eine Bardentreffen-CD (für Nostalgiker, die noch ein entsprechendes Abspielgerät ihr eigen nennen) – es verspricht alles wieder so schön zu werden wie früher.
Alle Infos unter: www.bardentreffen.de
45. Nürnberger Bardentreffen - "Starke Stimmen"
Freitag bis Sonntag, 29. bis 31. Juli 2022
Vocal Sampling (CUB) / Yael Deckelbaum (ISR) / Mal Élevé (GER) / Wallis Bird (IRL) / The Razzzones (GER) / Sopa de Pedra (POR) / Nomfusi (ZAF) / Huun-Huur-Tu (RUS/Tuwa) / L'Alba (ITA) / Alogte Oho & His Sounds Of Joy (GHA) / Flor de Toloache (MEX, PRI) / Djazia Satour (ALG/FRA) / The Henry Girls (IRL) / Okra Playground (FIN) / Luca Bassanese & La Piccola Orchestra Popolare (ITA) / Johnny & The Yooahoos (GER) / Suonno D'Ajere (ITA) / Maija Kauhanen (FIN) / Kid Be Kid (GER) / Johannes Reichert & Holger Stamm (GER) / Gretchens Antwort (GER) / Crowd-Singing feat Sing dela Sing
Paulo Flores (ANG/POR) / Kalàscima (ITA) / Lucas Santtana (BRA) / Nina Ogot Band (KEN/FRA) / Zagala (ESP) / Son del Nene (CUB) / Loxandra Ensemble (GRE) / Ticket To Happiness (GER) / Botticelli Baby (GER) / Slatec (GER) / Csókolom (NLD) / Lilo Kraus Trio (GER) / Black Patti (GER)
Erdmöbel (GER) / Dreiviertelblut (GER) / Ton Steine Scherben & Gymmick (GER) / Fortuna Ehrenfeld (GER) / Phil Siemers (GER) / Ami Warning (GER) / Juli Gilde (GER) / Tworna (GER) / Dis M (GER) / Paul Bartsch Trio (GER)
Gorilla Club (GER) / Razzzelbande (GER) / Pauken und Planeten (GER) / Boxgalopp (GER)
Hanna Sikasa / Rooms in Brucklyn / Figure Beach / Ki'Luanda / Nun flog Dr. Bert Rabe / Apanorama / The Air We Breathe / Like Lovers / Skull Sized Kingdom / Leak / Raphael Kestler / Muddy What? / Bambägga / Lilla Blue / Elena Steri / A Tale Of Golden Keys
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