Bester Balkanfolk vom Metropolski Cirkus Orkestar

25.2.2020, 16:30 Uhr
Mehrstimmiger Gesang spielt eine tragende Rolle: Das Metropolski Cirkus Orkestar mit Alex Bayer am Kontrabass, Flo Kenner am Banjo, Martin Zels am Kinderklavier, Perkussionist Jürgen Heimüller sowie Bandleader und Gitarrist Saša Batnozić (von links).

© David Häuser Mehrstimmiger Gesang spielt eine tragende Rolle: Das Metropolski Cirkus Orkestar mit Alex Bayer am Kontrabass, Flo Kenner am Banjo, Martin Zels am Kinderklavier, Perkussionist Jürgen Heimüller sowie Bandleader und Gitarrist Saša Batnozić (von links).

Welcom our hompag“ - wer die Website des Metropolski Cirkus Orkestar aufruft, beamt sich direkt ins tiefste Serbien des Internets. Mit krudesten Schreibfeldern verfeinertes Serbo-Englisch vor einer dilettantischen Optik, die jeden Webdesigner in die Depression stürzen kann. "We have super cd bohemian barbershop out!!", wird da mit marktschreierischem Charme in die Welt posaunt, nicht ohne den Zusatz "is very good buy!"

Nun, nichts läge unser ferner, als dem zu widersprechen. "Bohemian Barbershop", die erste CD des Metropolski Cirkus Orkestar, fängt die Live-Qualitäten des serbokroatisch-fränkisch-niederbayerischen Herrenquintetts auf’s Beste ein: Balkanfolk auf untypischen Instrumenten, durchmischt mit Liedern in niederbayerischem Zungenschlag, dargeboten von mehrstimmig singenden Männern, die weder Angst vor Pathos, noch vor albernem Schabernack haben, etwa, wenn sie gleich im ersten Stück, dem fröhlich hüpfenden "Lubenica", den Sechziger-Jahre-Schlager vom "Itsy Bitsy Teenie Weenie Honolulu Strandbikini" einbauen. Aber: "Ironie ist überhaupt nicht mein Ding", stellt Saša Batnozic klar. "Wir sind alle pathetische Kerle, aber wir wollen uns nicht zu ernst nehmen."

Der in Kroatien geborene und in Nürnberg aufgewachsene Mittvierziger hat die Band 2017 gegründet, nachdem er lange Jahre als Songwriter und Bandleader in Rock- und Popgefilden unterwegs gewesen war und mit der Musik, die seine Eltern hörten, nichts zu tun haben wollte. Ein Überbleibsel aus dieser Zeit ist seine fast zwanzig Jahre alte Komposition "Dobro Dosil", eine Art zornige Abrechnung mit seinem Herkunftsland vor dem Hintergrund des Jugoslawienkrieges, dessen berückend schöne Melodie das Orkestar als melancholischen Balkan-Reggae interpretiert.

"Bohemian Barbershop" wurde innerhalb von zwei Tagen fast komplett live eingespielt und präsentiert die Band somit ziemlich genau so, wie man sie von der Bühne kennt und schätzt. Das Material besteht aus traditionellen Nummern genauso wie aus Stücken moderner Komponisten wie Goran Bregovic und wurde von der Band mit viel Liebe zum Detail auf ihre mit Gitarre, Kontrabass, Cajon, Akkordeon oder Banjo doch recht ungewöhnliche Besetzung hin arrangiert.

Konzert in Fürth

Überraschend sind die vier Songbeiträge des Melodika-, Kinderklavier-, Mundharmonika-, Mundposaune- und Kazoospielers Martin Zels. Der singt in schönstem Niederbayerisch eine Ode an seine Oma oder die Hexe Baba Yaga, ohne dass die Band dafür ihren Balkan-Einschlag aufgeben würde. Erst beim Abschiedslied "Wenn an End is" nimmt auch die Musik eine alpine Färbung an.

"Ich habe Martin immer bestärkt mit seinen bayerischen Songs", erzählt Saša. "Für mich macht das Sinn. Wir wollten uns nie nur auf die Balkan-Sprachen beschränken, wir können alles singen, was in die Tonalität passt."

Oh ja, das können sie wirklich: Wenn sie im herrlich traurigen Schunkelstück "Tanma je noc" Batnozics hingebungsvollen Gesang nach und nach mit Kanon-artigen Echos unterstützen, um schließlich in Schostakowitschs "Waltz Nr. 2" überzuleiten, oder in Zels Oma-Lied einen kraftvollen Gypsy-Chor anstimmen, dann klingt das nach einer frischen, unverbrauchten Tradition, die wir hierzulande gerade langsam wiederentdecken: Singen, einfach um der Freude am Singen willen.

Wer lauthals einstimmen will, hat dazu am 7. März in der Fürther Kofferfabrik Gelegenheit: Dort spielt das Metropolki Cirkus Orkestar zum Late Night Special um 21.30 Uhr.

Aktuelle CD: Metropolski Cirkus Orkestar, "Bohemian Barbershop" (Bekassine Records)

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