Bewegende Heimatkunde

10.3.2008, 00:00 Uhr
Bewegende Heimatkunde

© Hans-Joachim Winckler

Parallelen zu dem ebenfalls aus Fürth stammenden Namensgeber der Auszeichnung drängen sich auf. Wassermann wie Schopflocher beschäftigt die Suche nach der eigenen Identität. Beide wenden sich dabei gegen Intoleranz und Unmenschlichkeit. Beide sind große Erzähler mit psychologischem Interesse. So nahe wie diesmal haben sich Preisträger und Namensgeber in der zwölfjährigen Geschichte des Wassermann-Preises noch nie gestanden.

Mit Wassermanns Worten sieht es Schopflocher als die Haupsache an, dass das Herz nicht müde wird. Und mit seiner Vorgängerin Hilde Domin (in Fürth 1999 ausgezeichnet) appelliert der spät berufene Autor an sein Publikum, nur nicht müde zu werden, dem Wunder leise die Hand zu reichen.

Seine eigene Situation skizziert er mit dem Begriff Parallellandschaften und meint dabei die innere und äußere Existenz. «Fürth hat nie aufgehört meine innere Heimat zu sein», erklärt der durch die Tatsache seiner Auszeichnung tief berührte Autor. Der Erlanger Literaturhistoriker Gunnar Och würdigte Schopflochers humanitären Ansatz. Seine Sympathien gehörten den «kleinen Leuten». Das sind vor allem Ostjuden, die der Fürther in den landwirtschaftlichen Auffangsiedlungen des Barons Maurice de Hirsch kennen gelernt hatte. Im Mittelpunkt des Interesses wiederum steht die Verfolgung des Menschen durch den Menschen.

Doch im mythisch überlagerten psychologischen Stil lässt Schopflocher die Dinge in der Schwebe. Das Schtetl skizziert er, so Och, als Zauberwelt mit durchaus ambivalenten Zügen. «Darf man seine Leser derartig verwirren?» Die Frage des Festredners ist natürlich keine, sondern eine Verneigung vor der schriftstellerischen Potenz Schopflochers.

Aktuelles Bemühen

Dass es für die Stadt eine besondere Ehre ist, ihre mit 10 000 Euro höchstdotierte Auszeichnung erstmals einem ihrer Söhne verleihen zu dürfen, unterstrich Oberbürgermeister Thomas Jung. Im Hinblick auf die gegenwärtigen rechtsextremen Umtriebe sei Schopflochers Bemühen um Toleranz aktueller denn je. Vor zahlreichen prominenten Gästen im gut gefüllten Fürther Stadttheater nahm der 84 gerührt die Auszeichnung entgegen und trug sich ins Goldene Buch der Stadt ein. Im Anklang an das gestern zu Ende gegangene Internationale Klezemerfestival sorgte die «Global Shtetl Band» für eine reizvolle musikalische Note. VOLKER DITTMAR