Bruce Springsteen geht mit neuem Album ans Eingemachte

9.1.2014, 07:00 Uhr
Bruce Springsteen geht mit neuem Album ans Eingemachte

© dpa

Auch für alternde Rockstars gibt es keinen Königsweg zur Unsterblichkeit. Billy Joel zum Beispiel hat seit 20 Jahren kein neues Rock-Album mehr veröffentlicht, macht sich rar und zehrt immer noch mit Erfolg von seinen alten Hits. Der Sänger aus Long Island, der im Mai 65 wird, hat gerade einen Rekordversuch begonnen: Ab sofort gibt er einmal im Monat ein Konzert im legendären Madison Square Garden in New York, so lange bis ihn niemand mehr hören will. Die bisher angesetzten Konzerte sind bis September schon so gut wie ausverkauft.

Im September wird dann auch sein ewiger Gegenspieler Bruce Springsteen aus New Jersey 65 Jahre alt, der keinerlei Gedanken an den Ruhestand verschwendet. Das vergangene Jahrzehnt zählt zu den erfolgreichsten in der langen Karriere des rastlosen Rock-Poeten, der immer noch vor Energie und Kreativität strotzt. 2012 reagierte er mit dem düster-kraftvollen Meisterwerk „Wrecking Ball“ auf die wirtschaftliche und politische Krise in den USA, letztes Jahr war er praktisch ununterbrochen auf Tournee und fand dennoch die Zeit für ein neues Album. „High Hopes“ schlägt — wie der Titel nahelegt — wieder hoffnungsvollere Töne an.

Es enthält bisher unveröffentlichte Songs, reizvolle Studiofassungen bewährter Live-Favoriten und einfühlsam interpretierte Cover-Versionen. Also nichts wirklich Neues, aber dennoch alles andere als eine Verlegenheitslösung. In einem Interview mit dem Rolling Stone erklärte Springsteen: „Der eine oder andere mag jetzt denken: ,Das sind ja alles bloß olle Kamellen’. Aber so denke und arbeite ich nicht.“ Er schreibe ständig neue Songs, die er auf seinem Computer speichere, zum Teil in halbfertigen Rohfassungen.

An diesen Aufnahmen feilt er dann gerne von Zeit zu Zeit herum. Zur Hand gingen ihm dabei der Produzent Ron Aniello und der Gitarrist Tom Morello. Die beiden haben wohl entscheidenden Anteil daran, dass „High Hopes“ ein typisches Spingsteen-

Album mit Rock-Hymnen und Irish-Folk-Elementen geworden ist, aber auch überraschend ruhige Sound-Details enthält. Tom Morello (Rage against the Machine) stieß im März 2013 während der Australien-Tour zur E-Street-Band und wirkte offenbar wie ein Katalysator. „Tom und seine Gitarre wurden meine Muse, die das ganze Projekt beflügelt haben“, bedankt sich der Boss für die Inspiration.

Wechselnde Spielgefährten

Springsteen nahm das Dutzend Songs in verschiedenen Studios mit verschiedenen Musikern auf, darunter natürlich auch Mitglieder der E-Street-Band. Sogar die inzwischen verstorbenen Bandmitglieder Danny Federici (Piano) und Clarence Clemons (Saxophon) sind auf einigen Stücken zu hören.

Aber wirklich neue Akzente setzt vor allem Tom Morello als kraftvoller Rock-Gitarrist. Bei „The Ghost of Tom Joad“ ist er auch Duett-Partner von Springsteen. Der Boss selbst glänzt als Sänger in Bestform, eindringlich und mitreißend. Nicht nur in den eigenwilligen Cover-Versionen seiner persönlichen Lieblingslieder wie „Just Like Fire Would“ von den australischen Punk-Rockern The Saints oder „Dream Baby Dream“ vom US-Duo Suicide.

Zu hören ist auch der berührende Protestsong „American Skin (41 Shots)“ aus dem Jahr 2000, den Springsteen schrieb, nachdem der schwarze Jugendliche Amadou Diallo im Kugelhagel New Yorker Polizisten gestorben war.

Insgesamt ist „High Hopes“, obwohl aus ganz unterschiedlichen Einzelteilen zusammengesetzt, eine runde Sache geworden. Oft sind ja gerade Nebenprojekte besonders reizvoll. Ein Teil der Auflage enthält zusätzlich eine Live-DVD mit dem kompletten „Born in the USA“-Album (1984). Ein gefundenes Fressen, nicht nur für Hardcore-Fans.

CD-Tipp: Bruce Springsteen, „High Hopes“ (Sony Music).

Keine Kommentare