Büßergewand zum Festspielstart

27.5.2019, 11:25 Uhr
Büßergewand zum Festspielstart

© Foto: Harry Dürr

Während sich der frühere Festival-Intendant Wolfgang Riedelbauch mit Schöpfungs-Jubel als Dirigent aus Franken verabschiedete, setzte sein Nachfolger Julian Christoph Tölle auf das Büßergewand. In der Rothenburger Reichsstadthalle (und einen Tag später in der Schwabacher Stadtkirche) führte er die Umformung der unvollendet gebliebenen c-moll-Messe zum Kantaten-Oratorien-Zwitter "Davide penitente" auf.

Anspruchsvolle Gesangspartien

Den schwierigsten Part haben dabei die Gesangssolisten, denen nicht nur halsbrecherische Koloraturen und Intervallsprünge abverlangt werden, sondern auch ungünstige Silbenverteilungen durch das Umschreiben des Messtextes in eine freie Psalmdichtung. Mit Nuria Rial und Heidi Elisabeth Meier bürgten zwei 1aSopran-Könnerinnen für den außergewöhnlichen Standard der Aufführung. Gerade in den von Mozart neu komponierten Teilen legten die Vokalansprüche deutlich zu – etwa in der Arie "A te, fra tanti", die Tenor Jörg Dürrmüller deklamatorisch viel mehr hätte ausgestalten müssen.

Der Kammerchor der FAU Erlangen/Nürnberg und das "L’Orfeo Barockorchester" lieferten zuverlässig und formschön unter der gewohnt energischen Leitung von Julian Christoph Tölle die kollektiven Vokal- und Instrumentalanteile.

Zuvor hatte die große g-moll-Sinfonie (KV 550) durchaus nicht alle Erwartungen erfüllt: Zum einen lag dies an der überaus trockenen Saalakustik, die nicht eine Sekunde Hall zulässt (in Schwabach war das sicher ganz anders), und dann wirkte das Konzept, mit einer Barockbesetzung die Partitur auszudeuten, auch nicht sehr überzeugend. Die Bass-Stimmen kamen kaum durch. Der zweite Satz, das fragile Andante, zerfaserte in seine Einzelteile und hatte überhaupt keine lineare Richtung. Hier wäre weniger Dirigierpose und mehr intervenierende Klangbalance hilfreich gewesen.

So fiel das musikalische Lob beim anschließenden Staatsempfang im Kaisersaal des Rathauses durch den Schirmherrn, Innenminister Joachim Hermann (CSU), Bezirkstagspräsident Armin Kroder (Freie Wähler) und Rothenburgs Oberbürgermeister Walter Hartl (Freie Wähler) rhetorisch zwei Klassen zu hoch aus.

Andererseits konnte man Herrmann auch uneingeschränkt zustimmen: "Der ,Fränkische Sommer' trägt Kultur in die Fläche und damit zu den Menschen. Das ist Hochkultur auf dem Land."

InfoNächstes Konzert: 31. Mai, Bad Windsheim: Open Air mit Quadro Nuevo im Freilandmuseum. Weitere Informationen und Karten unter www.fraenkischer-sommer.de

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