Clevere Texte mit Tiefgang: Adel Tawil verzückt Nürnberg

19.1.2020, 09:27 Uhr
Adel Tawil ist ein sicherer Garant für Ohwürmer. Davon konnten sich die Fans in der Nürnberger Arena überzeugen.

© Hans von Draminski Adel Tawil ist ein sicherer Garant für Ohwürmer. Davon konnten sich die Fans in der Nürnberger Arena überzeugen.

Er hat eine Generation geprägt: Adel Salah Mahmoud Eid El-Tawil, in Berlin geborener Musiker mit ägyptischen und tunesischen Wurzeln, hatte schon vor seiner prägenden Begegnung mit der NDW-Legende Annette Humpe ein Faible für clevere Texte mit Tiefgang. Und er macht seinen Epigonen noch immer locker etwas vor, wie sein Auftritt in der nur mäßig besuchten Nürnberger Arena zeigte.

Der 41-Jährige hat in Sachen Musik viel ausprobiert, arbeitete mit Rappern und Hip-Hoppern, war Mitglied einer progressiven Boyband und seit besagter Zusammenarbeit mit Annette Humpe auf obere Plätze in den Popcharts abonniert. Der nette Kumpel von nebenan, grundsympathisch, engagiert, ohne fanatisch zu sein, klug, ohne mit seinem weiten Horizont zu nerven. In gewisser Weise also ein zumindest scheinbar Traum-Lebensgefährte und -Schwiegersohn, was auch die Zusammensetzung des Publikums bei Adel Tawils Nürnberger Konzert bestimmt: Vor allem in der ersten Reihe mit direktem Blick auf die interessant geschnittene Bühne überwiegen junge Frauen und Mädchen, gerne von ihren Müttern begleitet. Bei den männlichen Gästen steht entweder Respekt beziehungsweise Bewunderung in die Gesichter geschrieben – oder der leise Grimm, Adel Twils immens hohen Frauenversteher-Faktor in diesem Leben wohl nicht mehr zu erreichen.

Zählt man Tawils in der Regel zuverlässig als Ohrwürmer mit Langzeitwirkung funktionierende Hits, dann mag man es kaum glauben, dass der Mann zwischen 2003 und 2019 nur drei Soloalben veröffentlicht hat. Mit dem Material der aktuellen, im Sommer vergangenen Jahres erschienenen Scheibe "Alles lebt" ist Adel Tawil auf Tour – und die Rückkehr zum Live-Konzert macht dem quirligen, stets präsenten Sänger mit der samtenen Stimme sichtlichen Spaß. Und das, obwohl er von der ersten Sekunde an dickere Bretter bohrt und dem Imaginationszentrum im Kopf ordentlich etwas zu tun aufgibt. Da singt Adel Tawil beispielsweise von der "Liebe zum Mitnehmen", während er auf einem Laufband vor sich hin trabt. Es ist das Hamsterrad des Lebens, um das es hier geht.

Und um die Liebe als einzigen Ausweg. Natürlich dürfen in der sparsam inszenierten, aber wirkungsvollen Show die großen Tawil-Hits nicht fehlen, ob sie nun "Vom selben Stern" kommen oder in einer visionären "Stadt" spielen, die ein verliebter Mann der angebeteten Frau bauen will. Zeit zum Träumen, Zeit für Märchen, Zeit für die virtuelle Flucht aus dem Alltag. Und Adel Tawil als Meister der Träume. Darauf lässt man sich gerne ein.

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