Das Handwerk der Bader

3.8.2020, 14:59 Uhr
Hans Wertinger Badstubenszene: Im Vordergrund schröpft der stehende Bader die beiden sitzenden Männer. 1516 bis 1525, Germanisches Nationalmuseum. Foto: Monika Runge

© Monika Runge Hans Wertinger Badstubenszene: Im Vordergrund schröpft der stehende Bader die beiden sitzenden Männer. 1516 bis 1525, Germanisches Nationalmuseum. Foto: Monika Runge

Im Spätmittelalter war es bei Armen und Reichen üblich, das Badhaus zu besuchen. Nach dem Verständnis der „Säftelehre“ galt es, die Körpersäfte ins Gleichgewicht zu bringen. Wege dazu waren zum Beispiel der Aderlass, aber auch Schwitzen und Schröpfen. Der Bader bot im Badhaus ein Schwitzbad an – ähnlich unserer heutigen Sauna. Waren die Badegäste dann erwärmt und gut durchblutet, ließen sie sich häufig vom Bader blutig schröpfen. Dazu ritzte der Bader die Haut zunächst etwas an, dann setzte er den erwärmten Schröpfkopf auf. Dieser zog beim Erkalten etwas Blut aus der Wunde. Haare waschen, schneiden und eine Rasur rundeten den Badhausbesuch ab.

In einem nachgebauten hölzernen Schwitzkasten, der zur Behandlung Kranker diente, können die Besucher der Ausstellung selbst einmal Platz nehmen. Ab dem 16. Jahrhundert nahmen die Badetage in den öffentlichen Badstuben immer mehr ab. Wer auf sich hielt, legte sich stattdessen ein privates Badstübchen zu. Eine Rolle spielten auch die steigenden Holzpreise und die Angst vor der Übertragung der Syphillis.

Für die Bader wurde somit ihr zweites Standbein als Wundärzte immer wichtiger. Seit dem Hochmittelalter galt eine von der Kirche vorgegebene Trennung: Die innere Medizin oder „Leibarznei“ betrieben studierte Ärzte, die Wundarznei hingegen blieb den handwerklichen Badern oder Barbieren überlassen. So war mancher Bader auf das Zähneziehen spezialisiert. Kleine chirurgische Eingriffe wie das Öffnen von Abszessen oder die Behandlung von Furunkeln übernahmen ebenfalls die Bader. Die ausgestellten Zahnzangen, Aderlassbestecke oder auch eine Amputationssäge für größere Operationen zeugen davon. Manch ein versierter Chirurgus, wie Doktor Eisenbarth, bot seine Künste durchs Land ziehend auf Jahrmärkten an.

Die Bader sorgten für eine medizinische Grundversorgung in der Fläche. Auf dem Land gab es bis ins 19. Jahrhundert hinein kaum studierte Ärzte. Die allerletzten fränkischen „Boder“ zogen noch im 20. Jahrhundert Zähne oder öffneten Abszesse, wie uns Zeitzeugen in der Ausstellung sehr anschaulich berichten.

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