Das Weihnachtsoratorium der Windsbacher

15.12.2010, 22:06 Uhr

Schließlich wird Karl-Friedrich Beringer Ende 2011 „seinen“ Chor verlassen, den er in über 30 Jahren in die Top-Liga des Klassik-Betriebs geführt hat. Man sehe sich nur mal an, wo die Windsbacher in diesen Tagen das Weihnachtsoratorium nach Nürnberg noch aufführen: Berliner Philharmonie, Concertgebouw Amsterdam, Gasteig München...

Für diese erstklassige Auftrittstour sind die 75 Knaben gerade in herausragender Form, wie sie am Dienstagabend in der Meistersingerhalle bewiesen haben. Chorleiter Beringer animierte sie zu einer schwerelos glanzvollen Interpretation der Kantaten I, II, III und VI des weihnachtlichen Standardwerks, bei der die Dur-Tonarten im Jubel über die Geburt Christi nur so strahlten. Das alles gelang mit schnellen Tempi, wirkte behände und leicht, ohne leichtgewichtig zu sein.

Bereits im berühmten Eröffnungschor „Jauchzet, frohlocket“ errichteten die Windsbacher in hervorragend ausbalancierter Stimmarchitektur ein volltönendes und zugleich filigran klingendes Portal für die Geschehnisse rund um die Heilige Nacht. Dabei können die jugendlichen Sänger mühelos die Strahlkraft steigern – etwa im Schlusschoral der KantateI „Ach mein herzliebes Jesulein!“ – oder mit glänzenden Höhen der Knabensoprane („Ehre sei Gott in der Höhe“) beeindrucken.

Doch auch ein inniges Leuchten („Brich an, o schönes Morgenlicht“) beherrscht der Chor – oder ein wunderbares Piano, wenn 75 Stimmen plötzlich ganz sanft „Ich steh an deiner Krippen hier“ intonieren.

Zu diesen gesanglichen Qualitäten passte sehr gut das plastische und organisch durchwirkte, an der historischen Aufführungspraxis geschulte Musizieren der Deutschen Kammer-Virtuosen Berlin. Die vom Deutschen Symphonie Orchester Berlin stammenden Musiker dieses Ensembles sind ja bereits seit Jahren bewährte und deshalb auch bestens mit Beringers Interpretationen vertraute Partner der Windsbacher.

Die Pauken und die virtuos geführten Trompeten unterstrichen die Freude über die Ankunft des Gottessohnes nochmals. In den Arien der vier Solisten setzen die Kammervirtuosen instrumentale Glanzlichter, etwa die Traversflöte in der Tenorarie „Frohe Hirten, eilt, ach eilet“ oder die beiden Oboen d’amore im Sopran-Bass-Duett „Herr, dein Mitleid, dein Erbarmen“. Nicht zu vergessen die Solo-Violine in der Arie „Schließe, mein Herze, dies selige Wunder“ der für die erkrankte Rebecca Martin eingesprungenen Altistin Ingeborg Danz.

Diese stach mit ihrem obertonreichen, ausgewogenen und farbintensiven Timbre qualitativ aus dem Solistenquartett heraus und schuf in der Arie „Schlafe, mein Liebster, genieße der Ruh’ “ einen Höhepunkt dieser Aufführung.

Mit ihrem biegsamen und verzierungsfreudigen Sopran wusste auch Sibylla Rubens – etwa in der Arie „Nur ein Wink von seinen Händen“ – zu gefallen, während der für den erkrankten Norbert Ernst eingesprungenen Markus Schäfer mit seinem an diesem Abend aufgerauten und unausgewogenen Tenor zu kämpfen hatte, der ihn sogar zum Forcieren zwang. Thomas Laskes Bariton gestaltete nur die Rezitative zufriedenstellend, in den Arien fehlte es ihm an Volumen.

Doch dies waren nur Kleinigkeiten, angesichts dieser Qualitätsfülle der Windsbacher. Kompliment!

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