Der 21. NN-Kunstpreis setzt auf den Nachwuchs

25.7.2013, 10:20 Uhr
Der 21. NN-Kunstpreis setzt auf den Nachwuchs

© Herwig Lewandowski/oh

Kleiner und konzentrierter ist die Auswahl. Und jünger: Die Hauptpreisträger sind knapp 90 Jahre alt - alle drei zusammen. Weit mehr als ein Drittel der ausstellenden Künstler ist in den 70er oder 80er Jahren geboren.

Nur 69 Arbeiten von 52 Künstlerinnen und Künstlern werden in diesem Jahr bei der Sonderschau im Kunsthaus gezeigt. Im Vorjahr waren es rund 90 Werke von 75 Malern, Zeichnern oder Bildhauern. Die Reduzierung hat Vor- und Nachteile: Während der ein oder andere Besucher bedauern mag, dass er keinen noch umfassenderen Überblick über die lokale Szene bekommt und einige seiner Lieblinge vielleicht fehlen, dürften andere befreit aufatmen, weil in der Präsentation jedes Bild, jede Skulptur, jedes Objekt und jede Zeichnung genügend Raum hat, um Wirkung zu entfalten. Hier ist nichts gedrängt, nur wenige Stellwände wurden eingezogen, luftig und leicht erscheint die Art der Präsentation - und überzeugend ihr Inhalt.

Das Vergnügen beim Rundgang geht schon gleich hinter der Eingangstür los, wo Hauptpreisträger Jochen Pankrath sein witziges Paarbild zeigt, das man auch als frechen Kommentar auf die Malerei an sich lesen kann. Gegenüber stapft die Kanzlerin „Weiter, immer nur weiter“. So ist das Bild im alten dunklen Holzrahmen betitelt, das Günter Wangerin von der Dame gemacht hat - im Jacket versteht sich, mit Handtasche und Akten unterm Arm. Und obwohl man sie nur von hinten sieht, erkennt man unzweifelhaft Angela Merkel. Eindeutige Haltung? Als Kunstfigur hat die Politikerin hier ausnahmsweise eine.

Weniger prominent, dafür rätselhaft, melancholisch und ästhetisch: Wer die Ausstellung durchstreift, macht Bekanntschaft mit weiteren Frauen, die sich vom Betrachter abwenden und ihm dadurch wohl mehr sagen als in Frontalansicht. Zum Beispiel Peter Colers stimmungsvolles Gemälde einer schicken Frau, die einsam auf einer Waldlichtung steht, die Arme eng um den Körper gelegt, den Kopf leicht gesenkt.

Schön sieht man die unterschiedlichen malerischen Herangehensweisen bei zwei hervorragenden Arbeiten im kleinen Format, die sich in der Ausstellung gegenüber hängen (und im alphabetisch aufgebauten Katalog nebeneinander abgedruckt sind, als wäre es Konzept): Sebastian Ruhland (Jahrgang 1976) zeigt sein „Mädchen in Gelb“ mit akribischem Strich in fotorealistischer Manier. Jede Falte des Kleidchens mit der Schleife am Rücken ist zu erkennen. Die Haltung des Kindes vor tiefblauem Hintergrund vermittelt Neugierde und doch auch Scheu, sie lässt den Betrachter rätseln, was das Mädchen wohl sieht oder erwartet.

Bei dem wunderbaren Gemälde von Anna Maria Schönrock fragt man sich dagegen eher, von was die junge Frau sich da so schwungvoll abwendet. Und warum? Den linken Arm streckt sie dem Betrachter im Weggehen noch entgegen. Halt mich, scheint diese Geste sagen zu wollen. Der erst 24-jährigen Malerin ist mit „Figur“ ein zauberhaftes Bild gelungen - voller Rätsel und Bewegung und malerisch höchst anspruchsvoll gestaltet mit einem raffinierten Spiel aus Schärfe und Unschärfe und delikater Farbgebung.

Die Malerei dominiert

Die genannten Beispiele zeigen: Auch diesmal dominiert beim NN-Kunstwettbewerb die Malerei in all ihren Facetten - von fotorealistischer Augentäuscherei bis zu abstrakten Positionen und all dem, was sich dazwischen befindet. Zum Beispiel die raffinierten Ölbilder von Jürgen Durner, die uns die Welt hinter Glas vorgaukeln.

Oder Herwig Lewandowskis Ruhe-Zone in Grün und Blau: Mit einer äußerst reduzierten Farbpalette ist ihm ein wunderbares Landschaftsbild gelungen. „Ich bin ein langsamer Maler“, sagt der 77-Jährige und vermittelt diese Ruhe und Konzentration auch in seinem Gemälde, für das er den Sonderpreis des Verlegers Bruno Schnell erhält.

Mit dabei sind diesmal auch wieder Vertreter der angewandten Kunst mit außergewöhnlichen Kerzenhaltern und Schalen. Grafiken steuern unter anderem Rainer Funk und Susanne Schreyer bei. Und wenn wir schon bei den stillen, farblich zurückgenommenen Arbeiten sind, darf Aja von Loeper nicht unerwähnt bleiben: Sie zeigt eines ihrer großen „Weißen Blätter“, deren reliefartige Erhebungen sie nur durch die Bearbeitung mit einem Holzkeil erzielt.

Das hat fast etwas von Bildhauerei. Deren Positionen sind in der Ausstellung eher rar, aber mit den Sandsteinskulpturen von Michaela Biet oder der Bronze-Figur von Wilhelm Uhlig solide vertreten. Dazu kommt Gerhard Nerowskis zerknautschte „Limodose“ - einen Meter lang und aus Eiche gesägt. Echt erfrischend - wie die ganze Ausstellung!

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