Der Klassiker "Aladdin" – ganz zeitgemäß

22.5.2019, 19:34 Uhr
Der Klassiker

© Courtesy of Disney

Mit "Aladdin" brachte Disney 1992 seine Version des Märchens aus Tausendundeine Nacht heraus, die vom zahlenden Publikum zum erfolgreichsten Film des Jahres gekürt wurde. Aber auch deutliche Kritik an den Orient-Klischees wurde formuliert. Während viele Nebenfiguren mit großen Nasen und wilder Mimik als Ethno-Karikaturen angelegt waren, sahen Aladdin und Prinzessin Jasmin aus wie (schwarzhaarige) amerikanische Teenager. Als Vorlage für die Titelfigur soll den Zeichnern damals der junge Tom Cruise gedient haben.

Die Sensibilität gegenüber solchen Stereotypen ist heute stärker denn je, und darauf reagiert Disney in seiner Realfilm-Adaption mit einer Besetzungsliste, die den modernen Diversitätsansprüchen Rechnung trägt. Für die Rolle des Aladdin wurde der ägyptisch-kanadische Newcomer Mena Massoud engagiert.

Mit einer furiosen Eingangssequenz taucht der Film hinein ins Getümmel der Stadt Agrabah, wo der junge Dieb mit halsbrecherischer Akrobatik vor den Ordnungshütern flüchtet. Tanz, Gesang und CGI-Effekte greifen flüssig ineinander. Regisseur Guy Ritchie hält sich eng an das Handlungsgerüst der hauseigenen Vorlage und übersetzt auch in visueller Hinsicht manche Szenen fast 1:1 ins Realfilmformat. Aus der Wunderlampe steigt bald ein überdimensionaler, blau eingefärbter Will Smith als Zaubergeist Dschinni. Smith geht als magische Witzfigur in die Vollen, aber sein Overacting passt hier bestens zur Rolle, die auch im Original als Exzentriker angelegt war.

Attraktives Liebespaar

Ritchie gilt ja seit seinem Debüt "Bube Dame König grAS" (1998) bis hin zur hypervirilen King-Arthur-Adaption eher als Macho-Regisseur. Umso mehr überrascht es, dass er sich hier auf dem Gebiet kitschiger Romantik bewährt. Mena Massoud und Naomi Scott in der Prinzessinnenrolle geben ein sehr attraktives und hochfunktionales Liebespaar ab, das Schnulzen schmetternd auf dem fliegenden Teppich über Agrabah dahinschweben darf.

Völlig aus der Zeit gefallen ist das eskapistische Kinomärchen dennoch nicht: Im Verein mit der neuen Generation von Disney-Prinzessinnen wie "Rapunzel" und "Cinderella" beweist sich Jasmin als selbstbewusste Frau, die – abweichend vom Original – am Ende als kompetente Herrscherin gekrönt wird. Sehr zeitgenössisch wirkt auch der Bösewicht Jafar (Marwan Kenzari), der in seiner Machtgier nicht zufällig an die politischen Omnipotenz-Fantasien Donald Trumps erinnert und am Ende spektakulär in die Lampe zurückgezaubert wird. Darauf müssen wir in der außerfilmischen Realität wohl noch etwas warten. (USA 128 Min.)

InfoAlle Kinos, in denen die hier besprochenen Filme anlaufen, auf Seite 26.

Verwandte Themen


Keine Kommentare