Der Nürnberger Berny Kiesewetter: Revoluzzer zwischen Punk und Amt

9.12.2020, 15:40 Uhr
Der Nürnberger Berny Kiesewetter: Revoluzzer zwischen Punk und Amt

© Foto: privat

Endgültig dem Rock ’n’ Roll verfiel er, als er sich aus der CD-Sammlung eines Bekannten seines Vaters eine Scheibe aussuchen durfte. "Ich nahm die mit dem coolsten Cover", erzählt er lachend: Snake Bite Love von Motörhead.

Heimlich CDs gehört

"Das war mein endgültiger Sprung in die Musik rein", weiß er heute. Er kaufte sich heimlich CDs, hörte sie unter der Bettdecke. "Mein jüngerer Bruder Martin und ich durften keine harte Musik hören, daher kam der Punk in uns raus und wir haben sie selbst gemacht."

Als er elf und Martin gerade acht Jahre waren, gründeten sie kurzerhand eine Band und gaben ihr den Namen "Blut und Tod". "Das Härteste, das uns damals eingefallen ist", sagt der 32-Jährige und lacht. "Wir haben ein Mikro auf den Boden gestellt, mit den Fäusten auf den Boden gehauen für den Beat und haben unsere Wut rausgeschrien."

"In meiner Jugend bin ich dann a bissle abgestürzt", erzählt Kiesewetter ganz offen, spricht auch über eine spätere Phase der Arbeitslosigkeit. "Das war eine wahnwitzige und extreme Zeit, und weil ich die Lehren daraus nicht vergessen wollte, habe ich – zunächst nur für mich – die Geschichten meines Lebens aufgeschrieben."

Angespornt durch positive Rückmeldungen von Freunden, denen er das Manuskript zum Lesen gegeben hatte, schickte er sein Werk an diverse Verlage – und wurde von einem genommen. "Frontal – Mit dem Leben erfolgreich gegen die Wand", lautet der vielsagende Titel. Oder wie Kiesewetter es mit einem Augenzwinkern ausdrückt: "Wenn jemand sein Leben verkacken will, dann soll er’s wie ich machen."

Hein Hart sprach Hörbuchversion ein

Wer sich die Episoden des "Antilebensratgebers" lieber anhört, kann sich ab 12. Dezember auf eine ganz besondere Hörbuchversion freuen: Sie wurde von keinem Geringeren als Radio-Legende Hein Hart eingesprochen.

Die Zwei-Brüder-Kombo "Blut und Tod" gibt es immer noch und professioneller denn je. Vor Kurzem erschien das zweite Album "Middlefinger Meltdown". "Martin ist komplett für die Musik zuständig", sagt Kiesewetter, "von mir kommen die Lyrics, und ich mache die Videos."

An Ideen für seine Texte mangelt es ihm nicht. Manchmal höre er Songs und führe das Thema dann einfach weiter, gerne auch ins Absurde. Überhaupt übertreibt und überzieht Kiesewetter gerne mal in seinen Texten, um ein Thema zu verdeutlichen. "In der Arbeit habe ich außerdem mit so vielen verschiedenen Menschentypen zu tun, da fällt mir immer was ein."

Auch wenn man es auf den ersten Blick nicht zusammenbringen mag: der 32-Jährige mit dem Irokesenschnitt und zahlreichen Tattoos arbeitet in der Verwaltung einer Gemeinde im Nürnberger Land. "Es ist freilich ein Spagat: zum einen meine Punk- und Hardcore-Seite, zum anderen die berufliche Welt", sagt er.

Aber: "Ich verstelle mich nicht, ich sehe aus wie ich aussehe und das führt tatsächlich zu vielen interessanten Momenten und Reaktionen, negativ wie positiv", sagt er. Die reichen von Kommentaren wie "Sowas wie Sie hätte ich nie eingestellt" bis hin zu "Das war jetzt aber ein unerwartet schönes Gespräch, vielen Dank."

Seine KulTour-Tipps: "Immer einen Besuch wert: der Z-Bau in all seiner Pracht, der, innen wie außen viele ordentliche Veranstaltungen und Konzerte in toller Atmosphäre bietet. Außerdem: Die Luise. DIE Location, die junge Nachwuchsbands in Nürnberg ansteuern, wenn sie endlich auf die Bühne wollen."

Die CDs sowie das Buch von Berny Kiesewetter sind bei allen bekannten Shops und auf Streaming-Portalen sowie hier erhältlich.

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