Die Maus wird 50: TV-Kultfigur mit klack-klack

6.3.2021, 05:57 Uhr
Seit der ersten Ausgabe der Lach- und Sachgeschichten erklärt sie Jung und Alt die Dinge des Lebens, bringt Kinder und auch Erwachsene zum Staunen und zum Schmunzeln. Heute im Fernsehen, im Radio, in der MausApp, auf die-maus.de und in den Sozialen Medien.

© WDR/Michael Schwettmann Seit der ersten Ausgabe der Lach- und Sachgeschichten erklärt sie Jung und Alt die Dinge des Lebens, bringt Kinder und auch Erwachsene zum Staunen und zum Schmunzeln. Heute im Fernsehen, im Radio, in der MausApp, auf die-maus.de und in den Sozialen Medien.

Hausmäuse werden eigentlich nur zwei bis drei Jahre alt. Aber die hier ist schon wesentlich älter. Seit 50 Jahren kommt sie jeden Sonntag zu rund zwei Millionen Deutschen nach Hause ins Wohnzimmer. Am 7. März 1971 lief die "Sendung mit der Maus" zum ersten Mal im Fernsehen.

"Schon ein bisschen stolz darauf"

"Damals hat kein Mensch gewagt, daran zu denken, dass sie jemals so lang laufen würde", sagt Armin Maiwald. "Da sind wir schon ein bisschen stolz darauf." Der 81-Jährige ist einer der Maus-Erfinder und noch immer mit dabei. Die Zuschauer kennen vor allem seine ruhige Stimme, mit der der Moderator beschreibt, was er ihnen zeigt.


Kita- und Schulschließungen: "Sendung mit der Maus" läuft täglich


"Wir wollten niemals Schule sein, wir sind Reporter, die nach draußen gehen und Geschichten mitbringen. Und wir laden die Zuschauer ein, uns auf dieser Reise zu begleiten", sagt Maiwald. "Wir stellen uns nicht auf ein Podest und sagen: Ich weiß was, das erklären wir euch jetzt, passt mal schön auf."

Stattdessen verstehen sich die Maus-Macher als Partner beim Entdecken für Kinder und Erwachsene. Im Schnitt sind die Zuschauer der Fernsehsendung nämlich 45 Jahre alt. Eltern und Großeltern schauen oft mit. "Generationen von Kindern sind mit der Maus aufgewachsen, für viele ist sie fast ein Familienmitglied", sagt Tom Buhrow, ARD-Vorsitzender und Intendant des Westdeutschen Rundfunks. Die Geburtstagssendung am 7. März ist die 2309. Ausgabe, die der Sender ausstrahlt. "Kinder sind das allerkritischste Publikum", sagt Buhrow. "Wenn sich eine Figur da so lange halten kann, dann heißt das was."

Laufgeräusche mit Kokosnüssen

Ihr Alter sieht man der Maus nicht an. Sie ist all die Jahre dieselbe geblieben, mit rundlichem orangefarbenem Körper, braunen Ohren und großen Augen. Sprechen kann sie bis heute nicht, obwohl die Redaktion das mehrfach diskutiert, aber immer wieder verworfen hat. Gerade ohne Worte versteht sie jedes Kind: Die Maus klappert neugierig mit den Lidern, verzieht genervt die Augenbrauen und grinst verschmitzt, wenn ihr etwas einfällt. Wenn sie läuft, hören die Zuschauer zwei Kokosnuss-Schalen aufeinanderschlagen, das Geräusch der Augen wird durch ein Paar hölzerne Kastagnetten erzeugt.


Sendung mit der Maus zu Gast in Erlangen


Die deutsche Illustratorin Isolde Schmitt-Menzel hat die Figur ursprünglich für ein Kinderbuch gezeichnet. Der Schweizer Zeichentrickfilmer Friedrich Streich animierte sie dann fürs Fernsehen. Vier Jahre nach der Erstausstrahlung schuf er ihr als besten Freund den kleinen, blauen Elefanten. 1987 kam dann die tollpatschige, gelbe Ente dazu. Mehr als die Hälfte der bis heute rund 600 Maus-Clips hat Streich selbst produziert.

Darin gelingt es der Maus, sich dank verlängerter Beine aus einem See zu befreien, ein Barthaar wird zum Ersatz-Taktstock oder ihr Schwanz zum Flugzeugpropeller. Auch in ihrer Bauchtasche findet die Maus jedes erdenkliche Werkzeug, um knifflige Situationen zu lösen. "Alle anatomischen und realen Gesichtspunkte sind bei einer Zeichentrickfigur außer Kraft gesetzt, das macht ihren Wert aus, ihren Witz und ihren Charme", erklärt Armin Maiwald.

Anfangs hatte für das neu geplante Kinderprogramm auch ein Nilpferd zur Auswahl gestanden. Der endgültige Titel ist beim Tratsch auf dem Redaktionsflur entstanden. Aus dem Vorgänger "Die Lach- und Sachgeschichten für Fernsehanfänger" wurde "Die Sendung mit der Maus", weil "die Zuschauer in ihren Briefen ohnehin nur davon gesprochen haben".

Nicht nur die Hauptdarsteller, auch das Konzept hat sich seitdem kaum verändert. Schon seit 1972 beginnt jede Folge mit einem Themenüberblick. Seit 1973 wird der anschließend in einer Fremdsprache wiederholt. Die Premiere lief auf Italienisch, seitdem sind mehr als hundert Sprachen dazugekommen. Viele Zuschauer raten jeden Sonntag mit, ob es sich nun um Indonesisch, Rumänisch oder Spanisch handelt. Auch Deutsch rückwärts, Elefantistisch und Morselaute waren schon dabei.

"Wir wollten niemals Schule sein, wir sind Reporter, die nach draußen gehen und Geschichten mitbringen. Und wir laden die Zuschauer ein, uns auf dieser Reise zu begleiten", sagt Armin Maiwald (Bildmitte mit Christoph).

"Wir wollten niemals Schule sein, wir sind Reporter, die nach draußen gehen und Geschichten mitbringen. Und wir laden die Zuschauer ein, uns auf dieser Reise zu begleiten", sagt Armin Maiwald (Bildmitte mit Christoph). © WDR/Michael Schwettmann

"Die Maus ist zeitlos und geht trotzdem mit der Zeit", sagt Tom Buhrow. "Sie ist unsere Spürnase, die den Menschen etwas vermittelt, ohne es ihnen aufzuzwingen." Seit 2015 gibt es auf der Internetseite zur Sendung auch die Rubrik "Maus-International" mit Geschichten auf Englisch, Französisch, Arabisch, Kurdisch und Dari, das unter anderem in Afghanistan gesprochen wird. Jede Folge gibt es als Hörfassung und in Gebärdensprache. Die Maus will für alle da sein.

Gerade in schwierigen Zeiten. Seit dem Lockdown läuft täglich eine Maus-Folge im Fernsehen. "Die Maus hatte im vergangenen Jahr so viele Kontakte wie nie", scherzt WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn. "Corona bringt auch für Kinder aktuell vieles durcheinander, da kann die Maus wie eine tröstende Hand auf der Schulter sein, die hilft, die Welt zu sortieren."

In den vergangenen Folgen konnten die Zuschauer lernen, woraus Desinfektionsmittel hergestellt wird, wie Bewegungsmelder funktionieren und woher intelligente Sprachassistenten wissen, wie das Wetter wird. Zum Jubiläum hat die Redaktion außerdem im Archiv gegraben und die ersten Sachgeschichten noch einmal hervorgeholt. Darin erklärt Armin Maiwald, wie Semmeln gebacken werden und vergleicht, wie sich die Produktion in 50 Jahren verändert hat.

"Manche Geschichten haben Jahre gedauert, bis wir sie umsetzen konnten", erinnert er sich. Monatelang haben sie etwa verfolgt, wie ein ICE oder ein Flugzeug gebaut werden. Für eine Brücke, deren Entstehung sie zeigen wollten, steht bislang immer noch nur das Fundament. Die Frage, warum sich Geschenkband kräuselt, hat mehrere Wissenschaftler und Studenten ein halbes Jahr beschäftigt, bis die Lösung gefunden war: Das Material verschiebt sich wie Wellen auf dem Wasser, wenn Wind weht.

ARD-Vorsitzender und WDR-Intendant Tom Buhrow feiern gemeinsam mit der Maus

ARD-Vorsitzender und WDR-Intendant Tom Buhrow feiern gemeinsam mit der Maus © WDR/Annika Fusswinkel

Über die Jahre ist das Moderatoren-Team gewachsen und vielfältiger geworden. Mehr Frauen sind dabei, nachdem die reine Männerrunde oft kritisiert worden war. Zwischen Maiwald und der jüngsten Kollegin liegen inzwischen 50 Jahre Altersunterschied. Ab der Geburtstagsfolge blickt die Maus in die Zukunft. Wie werden die Menschen in 50 Jahren wohnen, unterwegs sein und sich anziehen? Das sollen die Themen für den Rest des Jahres sein. Dafür konnten Kinder Bilder und Fragen einschicken, wie sie sich die Zukunft vorstellen und was sie gerne wissen würden.

"Armin ist damals mit dem Vorsatz angetreten, dass Kinder nicht nur bespaßt werden sollten, sondern auch informiert, um sie als Mitglieder der Gesellschaft ernst zu nehmen", erzählt Brigitta Mühlenbeck, WDR-Programmgruppenleiterin für Kinder und Familie. Erwachsene schauen gern die Maus – wenn es ihnen gelungen ist, das Kind in sich zu erhalten.

"Das heißt nicht, dass das Programm kindlich oder kindisch ist, sondern es geht um Neugierde und Vorwitz, um eine gewisse Naivität und den Glauben an das Gute im Menschen – das sind Eigenschaften, die viele Erwachsene nicht mehr so zur Verfügung haben, die aber die Maus seit jeher anspricht", sagt Mühlenbeck.

Das Moderatoren-Team: Armin Maiwald, Siham El-Maimouni, Clarissa Corrêa da Silva, Christoph Biemann und Ralph Caspers (von links nach rechts).

Das Moderatoren-Team: Armin Maiwald, Siham El-Maimouni, Clarissa Corrêa da Silva, Christoph Biemann und Ralph Caspers (von links nach rechts). © WDR/Michael Schwettmann



Mehr Informationen:
Am Samstag, 6. März, lädt das Erste um 20.15 Uhr zu "Frag doch mal die Maus – Die große Geburtstagsshow" ein. Am Sonntag, 7. März, zeigt die ARD ab 6.20 Uhr Rückblicke aus allen fünf Maus-Jahrzehnten. Die eigentliche Jubiläumsfolge läuft dann um 9 Uhr im Ersten und um 11.30 Uhr im KiKa. Dort sind auch ab 14 Uhr die beliebtesten Lach- und Sachgeschichten zu sehen, über die die Zuschauer abstimmen konnten.

Einblick von Wissenschafts-Redakteurin Christina Merkel:
"Die Maus ist Pflicht. Seit ich denken kann hat sich meine Familie dafür sonntags um 11.30 Uhr vor dem Fernseher versammelt. Mittagessen gab’s dann danach. Selbst nach durchwachten Partynächten musste der verbliebene Besuch am nächsten Morgen einfach mitschauen."

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