Die Romanverfilmung "Auerhaus"

5.12.2019, 12:15 Uhr
Die Romanverfilmung

© Foto: Tom Trambow/Warner Bros.

Was ist, wenn du im Eis einbrichst? Soll ich ich dich da retten oder nicht?" – die Frage ist ein echter Freundschaftsbeweis und gleichzeitig das Eingeständnis tiefer Verunsicherung. Frieder (Max von der Groeben) hat versucht, sich umzubringen. Sein bester Freund Höppner (Damain Hardung) hat keine Ahnung, wie er damit umgehen soll.

Seine Angst ist groß, dass Frieder es noch einmal probiert und der Freund ihm für immer verloren geht. Andererseits will Höppner ihn akzeptieren, wie er ist, mitsamt seinen Todessehnsüchten. Und ein bisschen kann er ihn ja auch verstehen. Das Leben in der schwäbischen Provinz Mitte der Achtziger ist für einen 18-Jährigen wenig verheißungsvoll.

Im Kino wird das Schulterpolsterjahrzehnt ja gerne ins Skurrile verklärt. Dabei wird oft übersehen, dass der graue Himmel des Kalten Krieges, dessen baldiges Ende damals undenkbar war, das jugendliche Lebensgefühl jener Jahre grundlegend verdüsterte. Die Atomwaffen stapelten sich auf beiden Seiten des eisernen Vorhangs, der Musterungsbescheid lag im Briefkasten. Wie sollte man da hoffnungsfroh in die Zukunft schauen können? Dennoch wollte auch die Jugend in den Achtzigern – wie jede Jugend – ihre Aufbruchssehnsüchte ausleben, die Angst vor dem Erwachsenwerden überwinden und ihre Freiheits- und Glücksansprüche geltend machen. In seinem Roman "Auerhaus" (2015) hat Bov Bjerg dieses widersprüchliche Lebensgefühl jener Jahre auf das Schönste beschrieben. Dafür hat er eine breite Leserschaft gefunden, was nun in eine Verfilmung des erfolgreichen Stoffes mündet.

Im Zentrum steht eine Schüler-WG, die sich gründet, weil der Selbstmordgefährdete nicht mehr bei seinen Eltern, aber auch nicht alleine leben kann. In das leerstehende Haus des Großvaters ziehen Frieder, Höppner, dessen Freundin Vera (Luna Weder) und die Streberin Cäcilia (Devrim Lingau) ein. Man feiert mal wilde, mal besinnliche Partys, experimentiert mit der freien Liebe und fragt sich, ob Liebe nun ein Kuchen ist oder nicht – und wie viele Stücke für einen selbst übrig bleiben.

Auch wenn die Tiefe mancher lebensphilosophischen Diskurse des Buches sich nicht auf die Leinwand transportieren, überzeugt Neele Leana Vollmars Kinoversion durch eine große Zärtlichkeit gegenüber den Figuren und eine hohe Sensibilität für die Lebensphase an der Grenze zum Erwachsenwerden. Dabei zeigt "Auerhaus" die Achtziger auf Augenhöhe und ohne nostalgische Verklärung. (104 Min.)

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