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Festspiele: Lizzy Aumeier entdeckt den Oberpfälzer in Christoph Willibald Gluck

8.3.2022, 17:07 Uhr
Lizzy Aumeier macht Kabarett zum Thema Gluck - Titel "Mein Nachbar Willy".

© Armin Weigel, picture alliance / dpa Lizzy Aumeier macht Kabarett zum Thema Gluck - Titel "Mein Nachbar Willy".

Sollte es tatsächlich Genies geben, die man noch gar nicht entdeckt hat? „Ja“, sagt Michael Hofstetter und bekennt sich mit glühenden Worten zu seiner Leidenschaft für Christoph Willibald Gluck (1714-1787), dem weit gereisten Opernreformer an der Schwelle zur Hochklassik, der als erster seine Theaterfiguren aus dem Korsett barocker Standardisierung befreite und als echte Menschen mit echten Gefühlen auf die Bühne brachte.

„Im Grunde hat er die Idee der Psychoanalyse schon 150 Jahre vor Freud vorweggenommen,“ sagt Hofstetter, der Glucks Beitrag zur Entwicklung des Musiktheaters nicht genug hervorheben kann. „Berlioz, Wagner oder Richard Strauss: Sie alle wären ohne Gluck nicht denkbar.“

Gelegenheit, den Werken des rastlosen Komponisten aus der Oberpfalz die verdiente Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, hat Michael Hofstetter in den kommenden Monaten als Intendant der Internationalen Gluck-Festspiele. Soeben hat der auf historisch informierte Aufführungspraxis spezialisierte Dirigent das Programm seiner ersten Ausgabe vorgestellt. Sie findet vom 29. April bis 21. Mai statt, und das nicht nur in Nürnberg, wo die Festspiele (wenn auch in anderer Form als heute) 2005 begründet wurden, sondern in der gesamten Metropolregion.

Hille Perl ist bei den Internationalen Gluck-Festspielen mit von der Partie.

Hille Perl ist bei den Internationalen Gluck-Festspielen mit von der Partie. © uwe arens, ARC

Verständlich, dass man Spielstätten wie das Markgräfliche Opernhaus Bayreuth nicht außen vor lassen möchte. Doch birgt die Entzerrung des Festivals und die damit einhergehende geografische Ausdehnung nicht auch ein gewisses Risiko? Immerhin führen die Veranstaltungen auch in abgelegenere Regionen – nach Berching etwa, Glucks Geburtsort, Bayreuth oder ins pittoreske, nahe Kitzingen gelegene Castell.

„Eine Gefahr sehe ich nicht“, mein Michael Hofstetter. Viel mehr möchte er die Chancen betonen, die sich bei einer solchen Vielfalt auftun. „Man kann Orte entdecken, von denen man gar nicht wusste, wie schön sie sind. Die Oberpfalz ist ja so etwas wie die Toskana Bayerns.“

Er selbst habe sich im Vorfeld der Planungen auf die Suche nach geeigneten Spielstätten begeben, Bekannte angesprochen und dabei so erstaunliche Funde gemacht wie die historische Dorfmühle in Lehrberg, wo am 8. Mai der gefeierte Tenor Julian Prégardien in einem Liederabend zu hören ist. Die Festivalkalender erlaubt es insbesondere Gluck-Liebhabern von außerhalb, ihren Besuch auf bestimmte Tage zu konzentrieren und dabei möglichst viele Termine mitzunehmen; Hotelpartnerschaften vereinfachen die Reisevorbereitungen.

Warum sich der Ausflug lohnt, verrät der Blick ins Programm. Hatten es bei der letzten Ausgabe 2019 mit „Antigono“ eine zwar glänzend besetzte, jedoch lediglich konzertante Aufführung einer Gluck-Oper gegeben, steht das Szenische in diesem Jahr ganz im Vordergrund. Gleich vier Mal zu sehen ist im Stadttheater Fürth das wohl berühmteste Werk des Komponisten, „Orpheus und Eurydike“, als Rekonstruktion jener Version, die die legendäre Choreografin Pina Bausch 1975 für ihr Tanztheater in Wuppertal kreierte.

Nur einmal gezeigt – zu einem späteren Zeitpunkt aber vom kooperierenden Theater in Pilsen übernommen – wird die ebenfalls zu Glucks großen Reformopern zählende „Alceste“ im Markgräflichen Opernhaus in Bayreuth am 14. Mai. Hier gibt es mit dem südafrikanischen Tenor Khanyiso Gwenxane und dem slowenischen Haute-Contre Aco Biscecvic zwei spannende junge Sänger zu entdecken.

Wegen Corona kann Intendant Michael Hofstetter erst in diesem Frühsommer ein erstes komplettes Programm der Internationalen Gluck Festspiele präsentieren.

Wegen Corona kann Intendant Michael Hofstetter erst in diesem Frühsommer ein erstes komplettes Programm der Internationalen Gluck Festspiele präsentieren. © Anton Karg, NNZ

Neben Orchester-, Kammermusik- und Vokalkonzerten mit herausragenden Künstlern und Formationen wie der Gambistin Hille Perl, dem Sopranisten Samuel Marino oder der Akademie für Alte Musik Berlin bildet die Aufführung der einaktigen Farce „I cinesi“ den Abschluss der Opern-Trilogie: ein gesungenes, gespieltes und getanztes Nachwuchsprojekt mit Studierenden der Nürnberger Musikhochschule.

Ein szenisches Projekt anderer Art steuert die Musikkabarettistin Lizzy Aumeier bei. Nicht nur als ausgebildete Kontrabassistin, sondern (und vor allem) als Oberpfälzerin scheint sie einen direkten Draht zu Gluck zu haben. Gleich sieben Mal ist sie an unterschiedlichen Orten, von Bad Windsheim über Fürth (Comödie) bis nach Würzburg und Aschaffenburg, mit ihrem Programm „Mein Nachbar Willy“ zu sehen. Von Themenbereichen wie Essen, Frauen bis hin zu Herrenunterbekleidung entwirft sie darin, von ihrem Orchester begleitet, ein nicht ganz ernst gemeintes soziokulturelles Panorama des 18. Jahrhunderts – und spannt dafür ihre halbe Familie ein.

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