Frankens Kinos kämpfen wegen Corona ums Überleben

11.8.2020, 10:53 Uhr
Seit acht Wochen dürfen Cineasten wieder in die Kinosäle, doch noch bleiben die Besucherzahlen überschaubar.

© Frank Sorge, imago Seit acht Wochen dürfen Cineasten wieder in die Kinosäle, doch noch bleiben die Besucherzahlen überschaubar.

Dramatische Töne kommen vom Theaterleiter des Babylon in Fürth. Im Vergleich zu den Monaten Juni und Juli 2019 seien die Besucherzahlen bei ihm massiv eingebrochen, sagt Christian Ilg. Bestenfalls ein Viertel oder gar nur ein Fünftel des vergangenen Jahres fand in den letzten zwei Monaten den Weg ins Babylon, deutlich weniger, als er bei seinen ohnehin gedämpften Hoffnungen erwartet hatte.

Besonders beim älteren Publikum – dazu zählt Ilg Zuschauer ab 40 – gebe es wegen Corona nach wie vor große Ängste. Auch für September rechnet er angesichts der aktuell wieder steigenden Infektionsfälle nicht damit, dass sich die Situation bessert. "Es müssen nur wieder für ein, zwei Wochen die Schulen geschlossen werden, dann wird es für mich noch schlimmer", fürchtet Ilg.

Auch für die weitere Zukunft sieht er schwarz. Echte Filmhits sind seiner Meinung nach für Herbst noch nicht in Sicht. Frühestens ab Ende 2021 rechnet er mit einem Kinobetrieb, der mit dem aus den Zeiten vor Corona zu vergleichen ist. Ob Ilg, der das Babylon und die dazugehörige Gastronomie als Privatunternehmer führt, bis dahin durchhält, weiß er nicht.

Anders als ein Arthousekino wie das Babylon kann das Nürnberger Multiplexkino Cinecittà mit Christopher Nolans "Tenet" wieder auf einen Kassenhit hoffen – nach langer Durststrecke. Der erste richtige Blockbuster in diesem Kinosommer ist auch für das Cinecittà sehr wichtig. Dessen Besucherzahlen seien seit der Wiedereröffnung am 15. Juni um rund 75 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen – das ist erheblich mehr, als Geschäftsführerin Laura Weber ohnehin befürchtet hatte. "Wir hatten mit Einbrüchen um 50 Prozent gerechnet", sagt sie.

Neustarts verschoben

Grund dafür ist ihrer Ansicht nach das Zusammenspiel von Corona-Ängsten beim Publikum und einem Mangel an attraktiven Filmen, gerade im Blockbustersektor. Viele der großen Hollywoodfilme seien verschoben worden, weil das Coronavirus in den USA noch stärker wütet als in Europa – für hohe Einspielergebnisse ist der US-Markt aber unerlässlich. Deshalb zögern Verleiher immer noch, potenzielle Kassenerfolge in die Kinos zu bringen.

Die Ankündigung von Disney, sein bereits mehrfach verschobenes Martial-Arts-Spektakel "Mulan" nun gar nicht mehr im Kino zu zeigen, sondern als bezahlpflichtiges Streaming-Angebot auf dem hauseigenen Disney-Channel, hält Weber für fatal. "Filme wie ,Mulan‘ gehören auf die große Leinwand, sonst sind sie verschenkt", betont sie. Andere große Verleiher, wie Warner oder Studio- Canal, würden das genauso sehen und Kinos nach wie vor an erster Stelle im Auswertungsbereich platzieren. Auch wenn Disney betont, es handle sich im Fall von "Mulan" um eine Ausnahme: Was das bedeutet, wird sich erst zeigen, wenn sich abzeichnet, wie hoch die Einnahmen sind, die Disney durch das Streamen des Films verbuchen kann.

"Im Vergleich zu den Multiplexen stehen wir gut da": Mit dieser Aussage überrascht Casablanca-Leiter Matthias Damm. Seine Begründung stützt die Aussage von Laura Weber. Es gebe zur Zeit ein sehr viel größeres Angebot an Arthousefilmen als an Blockbustern, auf die die großen Kinos angewiesen sind. Trotzdem verzeichnet auch das Nürnberger Casa derzeit 40 bis 50 Prozent weniger Besucher als im Jahr zuvor.

Dass weniger Senioren kommen, sei nachvollziehbar, sagt Damm, er habe aber zugleich den Eindruck, dass mehr jüngere Kinofans als vor Corona den Weg ins Casablanca fänden – "so gewinnen wir eventuell dauerhaft eine neue Klientel hinzu", hofft er. Anders als beim privat geführten Babylon stärkt dem Traditionskino aber auch der Verein Casa e.V. den Rücken.


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Natürlich müsse man abwarten, wie die Entwicklung weitergeht, auch, was die Corona-Regeln angeht, so Damm. In manchen Bundesländern sei der vorgeschriebene Abstand bereits von eineinhalb auf einen Meter verkürzt worden, dadurch dürfe wieder jede Reihe besetzt werden; nur zwischen den Zuschauern müssten weiterhin Sitze frei bleiben. "Das wäre eine große Verbesserung" sagt er und hofft, dass Bayern mit dieser Regelung bald nachziehen wird.

Mit 16 Leuten ausgebucht

Dass sich die Abstandsregeln ändern, ist auch in den Augen von Elisa Coburger von den Lamm-Lichtspielen in Erlangen, die sie zusammen mit Peter Zwingmann führt, "wahnsinnig wichtig". Ihr kleiner Saal "ist jetzt "mit 16 Leuten ausgebucht", das sei auf Dauer kein Zustand. Am 25. Juni hatte das Arthousekino in der Altstadt seine zwei Säle wieder geöffnet, mit "gedämpften Erwartungen", so Coburger. "Seither läuft es auf Sparflamme, aber immerhin: es läuft", sagt sie.

Wie die anderen Kinos ist auch das Lamm froh über "die tollen Förderprogramme, die Bund und Länder aufgelegt" hätten. Ab Herbst aber müsse sich zeigen, ob und wie es auf eigenen Füßen weitergeht. Noch blicken die beiden Lamm-Betreiber so zuversichtlich in die Zukunft, dass sie auch an ihren Bauplänen für ein weiteres Kino in der Hugenottenstadt festhalten.

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