Gostenhof: "Edel Extra" vor Schließung

17.10.2018, 19:28 Uhr
Gostenhof:

© Foto: Horst Linke

"Das Edel Extra schließt", kündigte Anfang September ausgerechnet derjenige Kulturverein an, in dem einige Mitglieder kurz zuvor noch mit dem Spezialpreis "Künstler als Kuratoren" des Bayerischen Kunstförderpreises 2018 ausgezeichnet worden waren. Doch es gibt Rettungsmöglichkeiten. "Unsere Kräfte sind beschränkt", sagt Sybille Körner, eine der vier Initiatoren des "Edel Extra — Verein zur Förderung ästhetischer Prozesse". In ihm schließen sich kunstaktive und kunstinteressierte Menschen zusammen, die seit April 2014 in Gostenhof einen Ort für ästhetische Auseinandersetzungen und Versuche bereitstellen – und damit vor allem auch "einen bewussten Gegensatz zu den Institutionen für Bildende Kunst".

Kein musealer Rahmen, keine typische Galerie, sondern eher ein Experimentierraum, in dem von Lesung über Konzert, von Malerei bis Installation die ganze Bandbreite künstlerischer und kultureller Aktionen stattfinden durfte. Damit könnte es womöglich bald vorbei sein, denn was fehlt, sind engagierte Nachfolger, die Lust haben, den Kulturraum in der Müllnerstraße weiter zu beleben.

"Szene ist schlecht organisiert"

"Die vier Gründungsmitglieder, also diejenigen, die sich die Ziele und Statuten, die Gestaltung des Programms überlegt haben, können mittlerweile kaum mehr aktiv sein", berichtet Claudia Holzinger, die seit zwei Jahren im Vorstand ist. Lilly Urbat, Sybille Körner, Susanne Wohlfahrt und Bernd Pflaum sind weitergegangen auf ihrem Lebens- und Schaffensweg. Und auch enttäuscht. "Es ist nicht erfüllend", sagt Lilly Urbat. "Die Nürnberger Kunstszene ist schlecht organisiert und undankbar. Die Themen werden selten verhandelt, die Leute interessieren sich nur für Bier." Für ambitionierte Künstlerinnen und Künstler gebe es keine Jobs, zudem keine Medienlandschaft, keine innovativen Ideen, keine Wagnisse, "die ganze Stadt hat keine Visionen, aber einen Arsch voll Angst".

Man könne nie selber gestalten, kritisiert die Künstlerin, sondern "immer nur Schlimmeres verhindern." Die Stadtpolitik würde kaum etwas befürworten, Interesse an Edel Extra nur im Zuge der Kulturhauptstadtbewerbung bekunden. Was Kultur und Kunst wirklich bedeute, so Urbat, werde gar nicht verhandelt.

"Ist Nürnberg sexy?"

"Will Nürnberg wirklich eine frische, sexy, visionäre, mutige, kreative, witzige Stadt sein?", fragt sie, "oder glauben Lokalpolitiker, dass Felsenkeller und Stadtverführungen den Begriff von Kultur im 21. Jahrhundert abbilden können?" Dem entgegenzuarbeiten war eines der großen Bestreben des Vereins Edel Extra. Das kostet Kraft. Und die schwindet.

"Die Mitglieder, die aktiv Zeit, Arbeitskraft und Organisationsaufwand in die Veranstaltung stecken, sind einfach zu wenige", sagt Holzinger. Denn bei der Bespielung eines solchen Kulturraums braucht es viel Energie, die von der Öffentlichkeit unbemerkt im Hintergrund investiert wird. Bewerbungen müssen gesichtet, Künstlergespräche geführt, Konzepte erarbeitet werden. Newsletter und Werbemittel produzieren sich nicht von alleine, Räume, die immer wieder den buntesten Verwandlungen unterzogen werden, gilt es stets in einen Grundzustand zurückzuversetzen. "Man muss immer da sein, auch, um einfache Hausmeisterarbeiten zu erledigen."

Und sich mit der Aufgabe identifizieren. Das, so scheint es, kann die kleine Anzahl Aktiver so nicht mehr weiterführen. "Wir haben immer versucht, neue, frische Leute in den Verein zu holen, Türen zu öffnen und einen sanften Generationenwechsel anzubieten", so Sybille Körner. Das habe leider nicht geklappt. Dabei ist der Verein offen für Ideen – auch und gerade von Externen.

"Wir wollen am 18. Oktober diskutieren, wie es mit dem Raum weitergehen kann – ob als Edel Extra oder anders", sagt Sybille Körner. Leute, die sich aktiv in den bestehenden Verein einzubringen wollen, sind gefragt und willkommen. "Uns ist wichtig, den Raum als Kunst- und Kulturort zur Weiterführung anzubieten", betont Claudia Holzinger. Ein Angebot, das für alle gilt. Für ein Mehr an Kulturräumen. Nicht für weniger.

"Edel Extra e. V.: Besprechung einer möglichen Übergangsphase oder Ablösung": 18. Oktober, 19 Uhr, Müllnerstr. 22; edelextra.biz

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