Jetzt singt er Klassik

Heino in Nürnberg: "Wir dürfen das Wort deutsch nicht Rechtspopulisten überlassen"

12.11.2021, 06:00 Uhr
Nein, die Brille nimmt er nicht ab – Heino will ja erkannt werden. Und bitte nicht mit Tony Marshall verwechselt...

© imago images/Photopress Müller Nein, die Brille nimmt er nicht ab – Heino will ja erkannt werden. Und bitte nicht mit Tony Marshall verwechselt...

Heino, wie sind Sie bislang – beruflich und privat – durch die Corona-Pandemie gekommen?

Heino: Hervorragend. Wir waren die meiste Zeit in unserem Haus in Kitzbühel. Da haben wir eine Haushälterin, die Hannelore und mich betreut. Wir haben ein schönes Zuhause und wenig unter den Ausgangsbeschränkungen gelitten.

Sie waren schon auf Abschiedstour. Jetzt geht es doch weiter. Fehlt Ihnen das Geld, der Applaus oder einfach eine sinnvolle Beschäftigung?

Heino: Damals, als ich meine letzte Tournee angekündigt hatte, hatte ich das wirklich ehrlich gemeint. Aber ich habe mich zuhause nicht so wohlgefühlt wie unterwegs. Auch meine Frau hat darunter gelitten, dass ich unzufrieden war. Ich habe noch keine Wehwehchen, mit der Stimme ist auch noch alles in Ordnung. Deswegen haben wir uns entschlossen, nochmal loszulegen und den Leuten zu zeigen, dass man auch mit fast 83 noch gut singen kann.

Wie trainieren Sie Ihre Stimme?

Heino: Ich habe zuhause ein schönes Musikzimmer mit meiner Gitarre und meinem Keyboard. Da gehe ich jeden Tag rein und übe: Tonleiter rauf, Tonleiter runter. Zum Singen brauche ich Muskeln. Wenn ich die nicht mehr bewege, erschlaffen sie. Dann ist auch die Stimme nicht mehr da.

Die Sie jetzt besonders gut brauchen für die Klassik?

Heino: Ja, Klassik ist natürlich ein anderer Anspruch, als ein Volkslied zu singen. Aber auch Titel wie "Enzian" oder "Schwarze Barbara" darf man nicht unterschätzen. Der Enzian geht in E-Dur über drei Oktaven!

Wie erfahren sind Sie denn in Klassik?

Heino: Vor den ganzen Titeln, für die ich heute bekannt bin, habe ich das klassische Repertoire gesungen. Ich wollte ja auch Klassiker werden, aber dann bin ich entdeckt worden von Ralf Bendix. Mitte der 60er Jahre war das. Er hat mich mitgenommen zur Schallplattenfirma und wir haben überlegt: Welches Repertoire machen wir? Meine Idee waren dann die Volkslieder. Die wurden damals im Schatten von Rock'n'Roll und Beatles stiefmütterlich behandelt. Wir haben aber sofort gemerkt, dass ein Markt da ist und haben weitergemacht – bis zum heutigen Tag.

Zwischendurch haben Sie ja auch Rammstein gecovert und Rock gemacht? Was kommt als nächstes?

Heino: Swing. Dabei dürfte ich natürlich auch wieder von vielen unterschätzt werden. Aber das ist egal, der Erfolg zählt.

Sie mögen es, unterschätzt zu werden?

Heino: Ja, das mag ich unheimlich!

Es geht also weiter?

Heino: Ja, wir haben Pläne bis zu meinem 85. Geburtstag – mit neuen Tourneen, Konzerten, CD-Produktionen. Ich bin voller Tatendrang.

In Düsseldorf hat man sich an dem Tournee-Titel "Deutscher Liederabend" gestört. Der, so der Intendant der Tonhalle, würde in "eine gewisse Ecke" deuten. Ein Ärgernis für Sie – oder prima Promotion?

Heino: Naja, über die Dummheit hab ich mich schon geärgert. Wer sich als Intendant an Deutsch stört, der sollte besser beim Fuhrpark arbeiten. Es ist ein deutscher Liederabend, den ich mache. Mit deutschen Liedern, nicht mit englischen. Wir dürfen das Wort deutsch nicht den Rechtspopulisten überlassen. Wenn in der gleichen Halle ein italienischer oder ein französischer Abend stattfindet, stört das niemanden. Aber immerhin hat der Oberbürgermeister ein Machtwort gesprochen.

Wie haben Sie auf die Diskussion reagiert?

Heino: Wir haben unser Plakat – zugegebenermaßen ein bisschen trotzig – geändert: Der "deutsche Liederabend" ist jetzt größer gedruckt und vor Schwarz, Rot, Gold.

Sehen Sie die Pflege des deutschen Liedgutes als Ihren größten Erfolg?

Heino: Ja, mein Erfolg war und ist das Deutsche. Wenn ich in den 60er Jahren das Radio angemacht habe, habe ich nur englische Musik gehört. Und das hat mich aufgeregt. Wenn ich das nicht aufgegriffen hätte, wäre das deutsche Volkslied nicht mehr in das Bewusstsein der Leute gekommen.

Würden Sie rückblickend etwas anders machen?

Heino: Nein! Ich glaube, ich habe alles richtig gemacht.

In Nürnberg waren Sie schon mit Ihrer Hundezubehör-Kollektion, zu Konzerten in der Meistersingerhalle und im Hirsch. Was verbindet Sie mit der Stadt?

Heino: Nürnberg war immer toll. Besonders erinnere ich mich noch an den Auftritt mit dem Moskauer Staatsensemble in der Meistersingerhalle. Da waren 200 Mann auf der Bühne!

Können Sie als gelernter Konditor eigentlich noch backen?

Heino: Nein. Ich glaube, ich war immer einer der schlechtesten Bäcker. Das hat mich aber auch nicht wirklich interessiert. Ich wollte Musik machen, meine Mutter wollte, dass ich einen anständigen Beruf erlerne und dann hab ich ihr den Gefallen getan.

Auf der Bühne machen Sie Schlager, Klassik, Heavy Metal. Was hören Sie privat?

Heino: Gar keine Musik. Ich habe jeden Tag mit Musik zu tun, damit will ich meine Ohren in meiner Freizeit nicht belasten.

Haben Sie nicht manchmal Lust, unerkannt durch die Straßen zu gehen und das Haus zum Beispiel ohne Sonnenbrille zu verlassen?

Heino: Nein! Ich bin das so gewohnt. Das ist mein Job. Ich wäre traurig, wenn ich rausginge und mich würde keiner erkennen. Oder wenn ich rausginge und sie würden Tony Marshall zu mir sagen. Um Gottes willen!

Tickets für das Konzert in der Meistersingerhalle am 12. Dezember in den Vorverkaufsstellen dieser Zeitung oder unter Telefon: (09 11) 216 27 77.


Heino (bürgerlich: Heinz Georg Kramm) kam am 13. Dezember 1938 in Düsseldorf zur Welt. Nach einer Lehre als Bäcker und Konditor hatte er seinen musikalischen Durchbruch 1965. Seither hat er über 50 Millionen Tonträger verkauft. Bekannt ist er für Lieder wie "Blau blüht der Enzian", er hat aber auch Heavy-Metal-Songs gecovert.

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