Höchst unterhaltsame Retro-Show: The Darkness in Nürnberg

12.2.2020, 11:53 Uhr
Höchst unterhaltsame Retro-Show: The Darkness in Nürnberg

© Daniela Adelfinger

Die zentrale Frage des Abends lautet: Meinen die das Ernst? Tatsächlich findet man derzeit kaum eine Rockband, bei der die Grenzen zwischen liebevoller Hommage und anspielungsreicher Parodie so fließend sind wie bei den Briten von "The Darkness".

Was natürlich daran liegt, dass die Siebziger Jahre, auf die sich die Band musikalisch und optisch hauptsächlich bezieht, genau die Zeit waren, in der Rockstars anfingen, sich unglaublich wichtig zu nehmen - und gerade dadurch rückblickend auch immer ein bisschen lächerlich wirken. Wer zu The Darkness im proppenvollen Club Hirsch pilgert, bekommt genau das, was man am testosteronschwangeren Rock dieser Dekade gleichermaßen lieben oder hassen kann: Monolithische Gitarrenriffs, ekstatische Soli, geradlinig-wuchtige Beats, die vor Kraft kaum laufen können, herrlich pathetische Balladen mit Texten, die so bombastisch daherkommen, wie die Musik: Himmel oder Hölle, Liebe oder Tod und keine Banalität, die es nicht wert wäre, mit der Inbrunst eines sterbenden Kriegers hinausgeschrien zu werden.

Der Gentleman könnte auch Glas zersingen

Handwerklich auf höchstem Niveau, präsentiert von fünf Typen, die auch optisch ihren Helden Queen, Thin Lizzy, Aerosmith oder Led Zeppelin nacheifern. Im Zentrum des Geschehens steht Sänger und Leadgitarrist Justin Hawkins, ein langhaariger, schnurbärtiger, drahtiger Charismatiker mit nacktem, tätowiertem Oberkörper und einer durchdringend hohen Stimme, mit der er Gläser zum Platzen bringen könnte (was vermutlich der Grund ist, warum das Bier in Plastikbechern ausgeschenkt wird). Hinter der Macho-Rockstar-Fassade verbirgt sich allerdings ein grundsympathischer britischer Gentleman, der sich ganz höflich nach den Namen seiner kreischenden Fans erkundigt.

Überhaupt: Wann hat man auf Rockkonzerten zuletzt kreischende Frauen
gehört? Musikalisch sind Justin Hawkins, sein Bruder Dan an der
Rhythmusgitarre, Phil-Lynott-Lookalike Frankie Poullain am Bass und
Schlagzeuger Rufus Taylor (plus ein gelegentlicher
Aushilfs-Akustik-Gitarrist) innerhalb ihrer selbst gesteckten Grenzen
enorm vielseitig: Stürmischer Dampfhammer-Boogie, radiotauglicher
Bombast-Rock, großspurige Balladen oder simpler AC/DC-Schweinerock,
garniert mit grandios bescheuerten Texten, bei denen nur bebrillte
Leonard-Cohen-Hörer schlaumeierisch auf so manchen inneren Widerspruch hinweisen: "Bought a one way ticket to hell and back…"

Nun ja, Humor haben die Jungs auf alle Fälle. Die andere schwerwiegende Frage, ob sie mit ihrer höchst unterhaltsamen Retro-Show zur Wiederbelebung oder doch eher zur Musealisierung des klassischen Rock beitragen, kann einem da auch schon egal sein. 

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