Rundfunk-Karriere

"Kauli" kann's! So wurde der Nürnberger zur Stimme von Bayern1

25.10.2021, 13:43 Uhr
B1-Moderator Jürgen Kaul im Sendestudio von Bayern 1.

© Birgit Kaul B1-Moderator Jürgen Kaul im Sendestudio von Bayern 1.

Manchmal haben Lehrerinnen prophetische Gaben. Dass Jürgen Kaul, dieser freundliche Junge mit dem blonden Haar und den Grübchen, einmal beim Radio landen könnte, war für seine Klassenleiterin an der Realschule Feucht absolut keine Überraschung.

Dass er dort Karriere macht – auch nicht. „Du hast damals schon ständig geredet und alles kommentiert“, sagte sie ihm Jahrzehnte später, nachdem er die Schule verlassen hatte und längst beim Bayerischen Rundfunk am Mikro saß: Eine Stimme Frankens in München und für ganz Bayern.

„Ich bin das beste Beispiel dafür, dass man im Leben alles erreichen kann, was man möchte“, sagt „Kauli“. So nennen ihn seine Freunde, auch die Hörer. So nennt er sich selbst seit der Schulzeit. Nach der schlägt der Nürnberger aber erst einmal einen ganz anderen Weg ein. Er lernt Großhandelskaufmann in der Möbelbranche. Und ist todunglücklich damit.

Nette Verkaufsgespräche

Einziger Lichtblick: Die vielen netten Gespräche mit Kundinnen – ja, meint er, meistens waren es Frauen –, die bei ihm ihre Bestellungen aufgaben. Der Chef goutiert seine ausgiebigen Beratungsgespräche nicht wirklich, „Kauli“ aber sieht sich bestätigt in dem, was er am besten zu können glaubt: reden. Irgendwann reift in ihm der Wunsch, zum Radio zu gehen. „Du spinnst!“, sagen seine Freunde.

Ausgerechnet ein Toilettenbesuch in einer Nürnberger Kneipe bringt ihn dem Wunschberuf ein Stückchen näher: „Wir suchen dich!“ heißt es dort auf dem Zettel eines Radiosenders. Es ist die Zeit des langsam erwachenden Privatfunks. Und „Kauli“ will einer der Pioniere sein.

Er meldet sich bei dem Sender, nimmt ein Demoband auf und wird engagiert. Das erste Einsatzgebiet: Sterzing in Südtirol. Dorthin, wo andere wandern oder skifahren, fährt er – neben dem Brotberuf – künftig am Wochenende, um zu arbeiten. Zum Radio machen. Stumm. „Ich habe die Nachtbänder zusammengefahren. Redeanteil null“, sagt er lachend über diese „Lehrjahre“, in denen er sich aber ausgiebig mit dem beschäftigen kann, was er liebt: Musik.

Nah dran an der Bundesliga

Inzwischen ist er ein alter Hase, hat jahrelang die Vormittagssendungen auf Bayern 3 moderiert, war zum Volontariat in Stuttgart, hat bei Antenne Bayern gearbeitet, als Studioleiter bei einem Sender in Augsburg und als Programmdirektor in Dresden. Seit 2015 ist er eine der Stimmen von Bayern 1, in der Regel an zwei Abenden unter der Woche zu hören und nachmittags am Wochenende. Das hat für ihn den großen Charme, dass er in der Dienstzeit mit „seinem“ Club, wo er auch schon Stadionsprecher war, mitfiebern kann. Liveschalten der Bundesligen gehören zu seiner Sendung.

Es ist aber nicht nur der Club, der Jürgen Kaul nach wie vor eng mit Nürnberg verbindet, wo seine Karriere begann. Verwandte und seine besten Freunde sind in der Stadt daheim. Es gibt „Pflichttermine“ wie die Fischbacher Kirchweih, die er nie auslässt. In dem Nürnberger Ortsteil wuchs er nach dem Umzug aus der Südstadt auf, ging in die Grundschule und zur Freiwilligen Feuerwehr. Ein Hobby, das er noch heute mit Hingabe an seinem Wohnort Seefeld nahe München pflegt.

Rasender Reporter

Der Tag, an dem Franz Josef Strauß starb, war ein entscheidender in seinem Leben. Aber nicht wegen Strauß. „Ich hatte am 3. Oktober 1988 Vorstellungsgespräch bei Radio F. Das Studio war damals noch im obersten Stockwerk der Nürnberger Nachrichten“, erinnert er sich. „Kauli“ wird genommen – als rasender Reporter für alles, was anfällt, egal ob aus Kultur, Wirtschaft oder Politik. „Den damaligen Oberbürgermeister Peter Schönlein habe ich täglich gesehen“, sagt er über seine Einsätze im Nürnberger Rathaus.

„Mir ist schon damals seine sehr tragende, weiche Stimme aufgefallen und ich habe ihm geraten: Mach was draus!“, erinnert sich Sigi Hoga, damals wie heute stellvertretender Programmleiter bei Radio F. Ein Rat, den „Kauli“ befolgt: Nach und nach arbeitet er sich in die Moderation hoch und nutzt die Freiheiten, die sich ihm dabei bieten, weidlich.

"Ich mag Geschichten erzählen"

Mit seinem kleinen Bruder, damals erst sechs, nimmt er Mini-Sketche auf und spielt sie in der Samstagabend-Sendung ab. „Ich konnte machen, was ich wollte. Das war die beste Lehrsendung. Die Zeit bei Radio F war cool. Ohne sie, ohne die Nürnberger Nachrichten gäbe es den Kauli nicht“, sagt er. Apropos Nachrichten: Die liegen ihm nicht, zu trocken, zu unlocker, Fremdworte, die Zungenbrecher sind: „Ich erzähle lieber Geschichten.“

So wissen seine Hörer, dass er Motorrad fährt, einen Hund hatte, den FCN liebt und Schafkopf spielt. Der zweifache Vater gibt Dinge aus seinem Privatleben preis, plaudert über seine Erfahrungen bei der Gartenarbeit oder über Bier. Das schafft Nähe zu den Menschen am Radio. „Kauli“ ist der Freund, der sie beim Kochen, Autofahren oder Chillen begleitet. Und genau das möchte er sein.

Als DJ tätig

Neben dem Job am Mikro ist der 53-Jährige, der 1996 ein Medienmarketing-Studium nachgeschoben hat, als Coach und Kommunikationstrainer sowie als DJ tätig und gibt seine Erfahrungen inzwischen auch an den Nachwuchs weiter. Ums Radio ist ihm nicht bang. „Es wurde schon so oft totgesagt. Aber auch der Boom an Podcasts zeigt doch, dass die Leute es lieben, zuzuhören.“

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