Kinos der Region bereiten sich auf den Re-Start vor

26.5.2020, 11:54 Uhr
Popcorn gehört für viele zum Kinobesuch dazu. Im Nürnberger Cinecittà kann man die Knabbereien zum Re-Start gleich mit dem Online-Ticket buchen und kriegt sie dann direkt an den Platz gebracht.

© Robert Michael, dpa Popcorn gehört für viele zum Kinobesuch dazu. Im Nürnberger Cinecittà kann man die Knabbereien zum Re-Start gleich mit dem Online-Ticket buchen und kriegt sie dann direkt an den Platz gebracht.

Auf der Internetseite des Nürnberger Multiplexkinos Cinecittà sind die notwendigen Schutz- und Hygienemaßnahmen, wie sie in allen Kinobetrieben umgesetzt werden müssen, detailliert beschrieben. Die gravierendste Maßnahme ist natürlich die Einhaltung von Mindestabständen, was die Saalauslastung auf etwa ein Drittel reduzieren wird.

Um dem Publikum ein gutes Gefühl beim Kinobesuch unter erschwerten Bedingungen zu vermitteln, ist Cinecittà-Inhaber Wolfram Weber gar nicht traurig, dass die Verleiher aktuell keine "Riesenknüller" im Programm haben. Die AG Kino, die bundesweit rund 370 Programmkinos vertritt, hatte kürzlich nicht nur den "Flickenteppich" bei den Wiedereröffnungsterminen kritisiert, sondern auch auf die Notwendigkeit von attraktiver neuen Kinohits für einen erfolgreichen Re-Start verwiesen.

Los geht’s im Cinecittà sowie in Webers Programmkinos Meisengeige und Metropolis jetzt erst einmal mit Filmen, die gerade erst angelaufen waren, als im März der Lockdown kam, sowie mit Filmen "aus dem Repertoire". Ab Ende Juni setzt er dann auf neue zugkräftige Titel - darunter der Berlinale-Wettbewerbsbeitrag "Berlin Alexanderplatz", "Tenet" von Christian Nolan und die Disney-Neuverfilmung "Mulan".

Matthias Damm, Leiter des Südstadtkinos Casablanca hatte ursprünglich eine Wiedereröffnung erst für Anfang Juli befürwortet. Auch als Signal an die Verleiher - um ihnen eine Vorlaufzeit für ihre Marketingkampagnen zu lassen, nachdem sämtliche Werbeausgaben für die vor Corona herausgebrachten Filme umsonst waren. Eine Übergangsphase, wie sie Weber befürwortet und in der auch die Kinomitarbeiter die neuen Abläufe einüben können, hält nun aber auch Damm für sinnvoll. Er will am 11. Juni öffnen (nach Abschluss von laufenden Bauarbeiten), unter anderem mit dem Neustart der kleinen deutschen Produktion "La Palma".

Durch die Krise ist das von einem Verein getragene Casablanca bislang relativ glimpflich gekommen. Dank 5000 Euro vom FilmFernsehFonds Bayern, 15.000 Euro staatlicher Soforthilfe und 30.000 Euro an vorgezogenen und verdoppelten Programmprämien aus dem Kulturstaatsministerium konnten Miete, Betriebskosten und das komplette Personal - einschließlich der Minijobber - weiter bezahlt werden. Bei Weber war das durch ein Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau möglich.


Bayerisches Digitalministerium unterstützt Filmhäuser mit bis zu sieben Sälen


Christian Ilg vom Fürther Babylon-Kino wartet dagegen bis heute auf die zweite Rate seines Soforthilfeantrags. Bislang hat er 7500 Euro der zugesagten 30.000 Euro bekommen. Von einem Neustart kurz vor den wenig lukrativen Sommermonaten und unter Corona-Bedingungen verspricht er sich kein großes Geschäft. "Wenn ich die Besucher mit anderthalb Meter Abstand platzieren muss, passen maximal zehn Leute in den großen Saal. Da kann ich es gleich sein lassen", sagt Ilg, der einen konkreten Fahrplan und klare Ansagen von der Staatsregierung vermisst.

Umso dankbarer ist er allen, die dem Babylon mit dem Kauf von Ticketgutscheinen durch die Krise geholfen haben. Auch das erste Ziel einer Crowdfunding-Aktion (25.000 Euro) ist fast erreicht. Jetzt hofft Ilg, dass der Fürther Stadtrat ihm grünes Licht für ein Openair-Kino gibt. "Dann komm ich für dieses Jahr mit zwei blauen Augen davon."

Treues Pulikum unterstützt Kinos

Wie das Babylon und das Casablanca, das nach dem Lockdown ebenfalls eine Gutscheinaktion startete, hat auch Bernd Jordan eine enorme Solidarität seines Publikums erlebt. Seit dem Jahr 2000 führt er das "Lichtspiele"-Filmtheater in Großhabersdorf, mittlerweile das einzige im Landkreis Fürth. Zum 20-jährigen Jubiläum "passt die Krise ja super", sagt der 49-Jährige und lacht. Immerhin hat er für sein Kino 9000 Euro staatliche Soforthilfe erhalten. Noch mehr aber hat er sich über die Resonanz auf den Spendenaufruf seines Kinos gefreut. Bereits nach 52 Stunden waren die erhofften 10.000 Euro zusammengekommen.

Mit konkreten Plänen zur Wiedereröffnung ist er dennoch zurückhaltend - wie Ilg vermisst er klare Zeitsignale aus München. In jedem Fall will er mit Blockbustern an den Re- Start gehen; es brauche starke Filme als Anreiz, um die Zuschauer wieder in den Kinosaal zu locken.

Auch Diana Linz, Geschäftsführerin der auf Arthousefilme spezialiserten Bamberger Kinos "Lichtspiel" und "Odeon" ist froh über ihre treuen Gäste. "Wir leben noch", sagt sie, und das liege auch daran, dass sie von ihrem Publikum mit Postkarten und Mails mental aufgebaut worden sei und viele Gutscheine für die Zeit nach Corona gekauft hätten.

Ertragsverluste von 17 Millionen Euro pro Woche

Froh ist sie auch über 5000 Euro aus dem bayerischen Soforthilfetopf, denn natürlich seien die Rücklagen beider Filmtheater in den letzten Wochen weggeschmolzen. Nach der Wiedereröffnung werde es wegen der strengen Auflagen gewiss nicht leichter. Öffnen will sie dennoch, "wir haben eine Verpflichtung unseren Gästen gegenüber", sagt sie und baut auch dann auf deren Treue.

Die ist auch nötig. Der Hauptverband Deutscher Filmtheater rechnet nach Ertragsverlusten für die Branche von 17 Millionen Euro pro Woche während der Schließzeit mit weiteren hohen Einbußen auch nach der Wiedereröffung. Zur Kompensation würde sich Wolfram Weber eine staatliche Regelung wünschen, mit der die Mietzahlungen für die Zeit des Lockdowns komplett ausgesetzt und für die Zeit des Wiederhochfahrens halbiert werden.

"Die Vermieter der meisten Kinos sind Investoren, Versicherungen, Immobiliengesellschaften." Durch günstige Kredite sei der Einnahmeausfall für sie verkraftbar, so Weber, der - Investor und Betreiber in Personalunion - selbst davon betroffen wäre. Aber es sei nur gerecht, "dass jeder einen Beitrag zur Bewältigung einer Naturkatastrophe leistet, die die Welt zum Stillstand gebracht hat".


Über aktuelle Entwicklungen in der Coronakrise Sie haben selbst den Verdacht, an dem Virus erkrankt zu sein? Hier haben wir häufig gestellte Fragen zum Coronavirus zusammengestellt.

Die Anzahl der Corona-Infizierten in der Region finden Sie hier täglich aktualisiert. Die weltweiten Fallzahlen können Sie an dieser Stelle abrufen.


Wir informieren Sie mit unserem täglichen Corona-Newsletter über die aktuelle Lage in der Coronakrise, geben Ihnen Hinweise zum richtigen Verhalten und Tipps zum alltäglichen Leben. Hier kostenlos bestellen. Immer um 17 Uhr frisch in Ihrem Mailpostfach.

Sie bevorzugen Nachrichten zur Krise im Zeitungsformat? Erhalten Sie mit unserem E-Paper-Aktionsangebot immer die wichtigsten Corona-News direkt nach Hause: Ein Monat lesen für nur 99 Cent! Hier gelangen Sie direkt zum Angebot.


Sie wollen in der Coronakrise helfen: Dann sind Sie in unserer Facebookgruppe "Nordbayern hilft" genau richtig!

 

Verwandte Themen


5 Kommentare