Kollegah kommt nach Nürnberg: Warum das Konzert umstritten ist

29.11.2019, 13:35 Uhr
Kollegah kommt nach Nürnberg: Warum das Konzert umstritten ist

© Foto: Matthias Balk/dpa

Hinter Kollegah steckt der Hesse Felix Antoine Blume, 35 Jahre alt und aufgewachsen im Hunsrück. 2005 trat er erstmals unter seinem Künstlernamen auf und machte sich vor allem dank seiner blitzschnellen Rap-Technik einen Namen. Mit den Jahren schienen Künstler und Kunstfigur jedoch immer mehr miteinander zu verschwimmen. Heute inszeniert sich Kollegah als "Boss der Bosse", seine Platten tragen Titel wie "King" und "Imperator". Obwohl er auf Deutsch textet, ist er von US-amerikanischen Gangster-Rap-Vorbildern geprägt. Seine bevorzugte Disziplin heißt Battle Rap.

Und sowas ist erfolgreich?

Aber hallo! Allein auf Instagram hat Kollegah 1,8 Millionen Abonnenten. Neben der Musik ist der Mann auch als Lebensberater tätig: In seinem Buch "Das ist Alpha! Die 10 Boss-Gebote" (2018), das es auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste schaffte, beschreibt er die für jedermann (Betonung auf "Mann") mögliche Transformation vom "Lauch" zum "Alpha" und weiter zum "Boss". Begleitet wird der Ratgeber von einem teuren, äußerst zweifelhaften Fitness- und Coaching-Programm. Blume ist seit seinem 15ten Lebensjahr gläubiger Muslim. Ein Jurastudium brach er zugunsten seiner Rap-Karriere ab.

Was ist das Problem?

Die Texte. Hass auf Frauen, Hass auf Juden, Hass auf Homosexuelle, listet die Emma auf. Doch auch gegen dicke und unsportliche Menschen hetzt der Musiker lustvoll – und gegen andere Rapper, aber auch Prominente außerhalb der Hip-Hop-Szene. In den Fokus der Öffentlichkeit rutschte all das, als Kollegah 2018 zusammen mit Farid Bang bei der "Echo"-Preisverleihung die Textzeile "Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen" rappte. Den Rappern wurde Antisemitismus vorgeworfen, der "Echo"-Preis wurde daraufhin abgeschafft.

Sind solche Texte nicht verboten?

Nein. Die genannte Textzeile ist geschmacklos und menschenverachtend, aber auch rein sprachlich als Vergleich grottenschlecht – selbst im Battle-Rap-Kontext, wo absurde und völlig überzeichnete Sprachbilder seit jeher Teil des Spiels sind.


Kommentar: Die "Kunst" von Kollegah ist so plump wie durchschaubar


Die Textzeile verunglimpft KZ-Insassen, ist jedoch ein Vergleich und kein Angriff. Der Antisemitismus folgt bei Kollegah eher schwammigen Weltverschwörungs-Theorien, wie sie nicht nur in der deutschen Gesellschaft verbreitet sind. So beschwört der Rapper etwa in seinem Song "Apokalypse" einen ultimativen Feind der Gesellschaft, der in dem dazugehörigen Videoclip mit einem Davidstern inszeniert wird. Doch auch die so beliebte wie falsche Gleichsetzung von "den Juden" mit dem Staat Israel und dessen Politik findet sich bei Kollegah, zum Beispiel in dem sehr einseitigen Dokumentarfilm, den der Musiker während eines Besuchs in Palästina von sich hat drehen lassen.

Was ist dieses Battle-Rap-Ding?

Battle-Rap lebt vom Runtermachen des Gegners – mit allen verfügbaren verbalen Mitteln. "Es kommt auf Schlagfertigkeit an, auf kunstvolle Vergleiche und auf Assoziationsfähigkeit", sagt der Hip-Hop-Fachmann Marcus Staiger und vergleicht die gegenseitige Beschimpfung in aller Öffentlichkeit mit einem Gerichtssaal, in dem sich Anwälte gegenseitig runtermachen. "Das kann sehr unterhaltsam sein. Wenn es hingegen sehr plump gemacht ist und ständig nur darauf hinausläuft, die Mutter von irgendwelchen Leuten zu ficken, dann wird Battle-Rap halt recht schnell stumpf."

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