Konzert mit Fragezeichen

13.7.2018, 19:28 Uhr
Konzert mit Fragezeichen

Wer ist denn überhaupt die Zielgruppe? Ein "Ich mag zwar keinen Jazz, aber das gefällt mir"-Publikum sieht irgendwie anders aus. Klassische Jazzliebhaber und Symphoniker-Abonnenten halten sich die Waage, und es reicht locker die halbe Bestuhlung des Serenadenhofs. Obwohl sich Lutz Häfner nette Moderationen und persönliche Geschichten zurecht gelegt hat, um Entstehung oder Inhalt der Songs zu vermitteln, will der Funke nicht so recht überspringen.

Irgendjemand hat ihm wohl auch noch gesagt, er müsse extra eine Ouvertüre für den Abend schreiben, weil ein klassisches Konzert immer mit einer solchen zu beginnen hat. Das nächste Fragezeichen: Warum klafft bereits hier das Stereobild des Yamaha-AvantGrand-Digitalflügels so weit auseinander, dass Pianist Rainer Böhm beim Versuch, das Instrument mit dem Orchesterklang zu mischen, wie ein Fremdkörper wirkt?

In völliger Dunkelheit

Das Drumset von Paul Höchstädter hingegen klingt ebenso wie Tenor- und Sopransaxofon stets zentral und ausgeglichen. Der Kontrabass von Christian Diener ist leider durchweg sehr disparat und das einzige Solo bei der Zugabe kaum zu hören. Ist da etwa der Mann am Mischpult schon eingeschlafen? Man muss aber auch nicht bei der Bundeswehr gedient haben, um zu wissen, dass bei Einbruch der Nacht mit zunehmender Finsternis zu rechnen ist. Häfner muss seine Anekdoten nach der Pause in völliger Dunkelheit vortragen, während die Beleuchtung das Zeltdach in eine reich gedeckte Tafel für einige Fledermäuse verwandelt.

Das musikalische Niveau der Band ist hingegen außergewöhnlich und unbestritten sehr hoch. Es gibt viele schöne Momente, denn Häfner ist nicht nur ein Ausnahmesaxofonist, sondern auch ein ganz hervorragender Arrangeur. Und auch die Beiträgedes Kölner Freundes Nigel Hitchcock sind als herausragend zu bezeichnen.

Das größte Fragezeichen stammt allerdings von Häfner selbst. Er macht natürlich den ein oder anderen Witz, trägt einige Aussagen ernst vor, um sie dann als Spaß ins Gegenteil zu wenden. Aber warum behauptet er, das "Violinkonzert Nr. 1" von Béla Bartók Ton für Ton herausgeschrieben zu haben? Falls er das wirklich getan hat, stellt sich nicht nur die Frage nach dem Warum, sondern auch, weshalb auf viele Instrumente verzichtet wurde, die Bartók in der Partitur vorgesehen hat. Zwei Beispiele: Ist es eine musikalische Entscheidung, keine Tuba zu besetzen oder immerhin eine statt zwei Harfen auf der Bühne zu haben, sie aber nicht spielen zu lassen? Oder liegt der Grund hierfür eher im monetären Bereich?

Versöhnliches Ende

Die Vorfreude auf etwas Besonderes wird hier zunächst mit einem Verweis auf eine Fassung des Werkes für vier Celli und Klarinette geweckt. So hätte man das zu Unrecht selten aufgeführte Stück neu erfahren können. Doch Häfner ruht sich aus und lässt Maxim Kosinov mit der Violine ran, der eine sehr gute Wahl als Solist ist. Schon in der langen Anfangskantilene ist klar, dass der 1. Konzertmeister die Reinheit und Ehrlichkeit des Werkes erfasst hat. Das Orchester muss ihm dann nur noch gleichberechtigt wie ein Kammermusikpartner folgen.

Bei der Anmoderation zur Zugabe ("Dexter’s Tune" von Randy Newman aus dem Film "Zeit des Erwachens") verliert Häfner dann beinahe die Fassung, weil er den Song zwei ganz lieben Freunden widmet. Ein versöhnliches Ende mit einem weiteren fantastischen Arrangement, aber insgesamt gesehen geht die Rechnung nicht auf.

Keine Kommentare