Kunst und Verbrechen

Kunstausstellung mit Krimizusatz in Nürnberg

23.7.2021, 12:50 Uhr
Kunstausstellung mit Krimizusatz in Nürnberg

© Roland Fengler, NNZ

Welche ideellen Werte spielen in diesem Haus an der Fürther Straße eine Rolle? Wie sehen Räume aus, in denen Recht gesprochen wird, in denen sich tagtäglich Opfer und Täter treffen und Anklage und Verteidigung nebeneinander gehört werden?

Kunstausstellung mit Krimizusatz in Nürnberg

© Roland Fengler, NNZ

"Natürlich durften die Bilder nicht zu laut werden", sagt Susanne Kühn, Professorin und Inhaberin des Lehrstuhls für Malerei an der Akademie. Um es vorweg zu nehmen: Die Papier- und Metallarbeiten, Fotografien und Digitalprints nehmen sich zwar nicht zurück, doch fügen sich sensibel in das Haus ein.

In der Akademie standen vor der Ausstellung einige Überlegungen: Wie zeigt sich die Architektur des Hauses? Welche Arbeiten können hier gezeigt werden, an einem Ort, an dem Beschuldigte, Geschädigte und Zeugen sitzen, Bürger, die Rechtsrat suchen und darauf warten, als Zeugen aufgerufen zu werden. Wie wirkt das Gebäude auf die Ausstellung - und welche Auffassung von Malerei drückt sich in den Arbeiten der Studenten aus?

Kunstausstellung mit Krimizusatz in Nürnberg

© Roland Fengler, NNZ

Erst vor einem Jahr wurde das Strafjustizzentrum an der Fürther Straße eröffnet, für die Architekten war es eine heikle Aufgabe, sich mit einem würdigen Neubau dem Nachbarn, dem denkmalgeschützten Justizpalast, erbaut im Stil der Renaissance und 1916 von König Ludwig III. eingeweiht, zu nähern. Das Leipziger Architekturbüro ZILA hat pur geantwortet und auf klare Linien und wenig Material gesetzt. "Der wunderbare Sichtbeton, das gebrochene Weiß der Wände, die Rhythmik von Säule und Fläche, die spartanischen Sitzmöbel und deren Anordnung", lobt Susanne Kühn - für die Werke ihrer Studentinnen und Studenten bedeute dies eine museale Stimmung.

Was ist in der Ausstellung zu sehen? Im Erdgeschoss zeigen Gloria Sogl (eine violette Metallscheibe an der Wand und eine goldene Metallscheibe unter der Treppe) und Jieun Kim Arbeiten mit digitalen Ansätzen.

Kunstausstellung mit Krimizusatz in Nürnberg

© Roland Fengler

Jieun Kim verlässt die Akademie als Meisterschülerin. Sie arbeitet am IPad und gleichzeitig klassisch graphisch, ihre Ideen gehen weit über traditionelle Vorstellungen von Malerei hinaus. Digital erhält sie knallige Farben und sehr glatte Oberflächen, es ergeben sich regelmäßige Muster, keine kleinen Strukturen, die sonst analog entstehen. Der digitale Schub, den die Pandemie mit sich brachte, die vielen Konferenzen und Treffen, die am Bildschirm und in virtuellen Räumen stattfanden, all diese Erfahrungen schwingen in ihrer Kunst mit.

Kunstausstellung mit Krimizusatz in Nürnberg

© Roland Fengler, NNZ

Im ersten Obergeschoss zeigt Jonas Rausch Collagen, entstanden aus Bildern von Google Earth, kombiniert mit Zeitungsausschnitten. "Strafzeit" nennt sich ein Werk, tatsächlich entdeckt der Betrachter darauf die unterschiedlichen Gebäude von Justiz und Staatsanwaltschaft, gleichzeitig erinnert Jonas Rausch an "Radio Z" und dessen Knastmagazin "Strafzeit".

Kunstausstellung mit Krimizusatz in Nürnberg

© Roland Fengler, NNZ

Ganz am Ende des Ganges im ersten Obergeschoss, zeigt Leonara Prugger ein großformatives Bild, auch sie hat ihre Diplomprüfung mitten in der Pandemie-Zeit gerade mit Auszeichnung abgelegt. Ihre Arbeit präsentiert sich großformatig "in der Größe einer Tischplatte", so schildert sie selbst. Hier hatte die gebürtige Südtirolerin einen gemütlichen Abend in einer Hütte mit Freunden im Sinn, die Farben Rot und Blau symbolisieren Wärme und Kälte, mit dem Pinsel hat sie die Bewegung am Tisch, das Miteinander eingefangen. Für ihre Diplomarbeit präsentierte sie in der Akademie der Bildenden Künste eine ganze Serie an großformatigen Arbeiten mit Tischen; sie zurrte sie mit Hilfe von Spanngurten fest, teils schwebten die Bilder im Raum. Auch diese Bilder entstanden in der Pandemie, in einer Zeit, in der Tische noch mehr zum Zentrum unseres Lebens wurden - und etwa Esstische nicht nur das Zentrum der Familie blieben, sondern über Nacht auch zu Arbeitsplätzen wurden.

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© Roland Fengler, NNZ

Die Präsentation der Gemälde, Papierarbeiten, Fotografien und Digitalprints ist in enger Zusammenarbeit von Margit Zorn, Vizepräsidentin des Landgerichts, und Susanne Kühn, Lehrstuhl für Malerei, entwickelt worden.

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© Roland Fengler, NNZ

Wer im Gerichtsgebäude unterwegs ist, ob von Berufs wegen oder als Bürger, der Rechtsrat sucht, findet zeitgenössische Kunst, kleine Tafeln nennen die Namen der Künstlerinnen und Künstler.

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