Lesung: Morde an Nürnbergs schönsten Orten

15.2.2021, 13:52 Uhr
Lesung: Morde an Nürnbergs schönsten Orten

© Axel Eisele

"Weiß getünchte Wände, dunkle Holzdecke, großzügige mit Rundbogen versehene Sprossenfenster und über allem die angenehm kühle Luft eines alten Gemäuers." In seinem 15. Fall öffnet Krimiautor Jan Beinßen die Tür zum Trauzimmer in der Nürnberger Kaiserburg - und kaum gibt sich das junge Paar auf Seite 9 das Ja-Wort, liegt die Braut drei Seiten später enthauptet im Burggarten. In ihrem Kleid steckt eine Visitenkarte: "Hochachtungsvoll, Ihr ergebener Franz Schmidt".

"Kopflose Braut"

Paul Flemming, der als Fotograf für die Hochzeit angeheuert wurde, findet die Leiche und schon steckt er mitten in seinem 15. Fall: "Die kopflose Braut" hat Autor Jan Beinßen das neueste Abenteuer seines Amateurdetektivs überschrieben. "Und wer die Paul-Flemming-Reihe kennt, findet alles, was die Erzählungen ausmacht", sagt Jan Beinßen.

Der gelernte Journalist Beinßen ist bekannt für seine Regionalkrimis. Sein Ermittler Paul Flemming ist vor allem eines: neugierig. Er pfuscht der Polizei ins Handwerk, und bei seinem Freund, einem Altstadt-Wirt, spaziert er direkt in die Küche. Dazu kommt der Blick auf die Geschichte Nürnbergs - und diesmal geht es zurück in die Reichsstadt um das Jahr 1600.

Lesung: Morde an Nürnbergs schönsten Orten

© Axel Eisele

Der echte Franz Schmidt, das historische Vorbild für den Mörder im Roman also, übte damals über vier Jahrzehnte seinen Beruf als Scharfrichter aus. Bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1618 hat Franz Schmidt Leute geköpft, gehängt und verstümmelt - und als Chef der Folterknechte in den Lochgefängnissen "peinlich", also unter Zufügung von Schmerz und Pein, verhört.

Im Roman stößt Flemming auf weitere der altertümlich anmutenden Visitenkarten des "Franz Schmidt", und während die Polizei einen Serientäter befürchtet, liefern sich in der Altstadt die Wirte einen Wettbewerb um die besten Baggers - am Ende des Romans finden sich übrigens als besonderer Service die Rezepte.

Direkt ins Knoblauchsland

Jan Beinßen, geboren 1965 in Stadthagen, kam 1993 von Hameln nach Nürnberg. Dort arbeitete er als Redakteur bei der Abendzeitung, seit 2003 sitzt er in der Pressestelle der Flughafen Nürnberg GmbH. Von dort blickt der Kriminalautor direkt ins Knoblauchsland, dort sollte sein Ermittler Paul Flemming als Fotograf zwischen Radieschen und Rettich einen erotischen Kalender schießen, doch stolpert er über die ermordete Tochter eines Gemüsebauern und macht in dem Band "Paten vom Knoblauchsland" mit Bauernschläue und politischen Machtspielen Bekanntschaft.

Wer in diesen Pandemie-geplagten Zeiten das Opernhaus und den Christkindlesmarkt, den Tiergarten oder das Fußballstadion vermisst - Jan Beinßen lässt seinen manchmal naiven, aber sympathischen Paul Flemming an den schönsten Orten Nürnbergs rätseln, das Verbrechen schläft an keiner Stelle der Stadt.

Im Jahr 2005 erschien mit "Dürers Mätresse" der erste Band, seither folgt in schöner Regelmäßigkeit eine Folge nach der anderen. "Paul Flemming hat seine Fans", sagt Jan Beinßen. Die Leserinnen und Leser kennen Flemmings Freunde und Familie, sie wissen, dass die Spürnase schon über 50 Jahre ist und das eine oder andere Mal von Verbrechern, aber auch von der Gattin, einer Staatsanwältin, immer wieder mal eins auf die Nase kriegt. "Deshalb gibt’s aus der Fangemeinde immer wieder Feedback und auch Ratschläge für Flemming, und ich greife das auf."

Ein enger Kontakt, der auch zu den Kriminalspaziergängen passt, die Autor Jan Beinßen seinen Leserinnen und Lesern über die Volkshochschule Oberasbach und das Bildungszentrum Nürnberg ab Mitte Februar anbietet. Vorausgesetzt, das Virus lässt es zu, geht es mit ihm zu den Schauplätzen seiner Krimis.

Kulturpreis und Lokalkolorit

Jan Beinßen lebt mit seiner Familie in Herzogenaurach, die Stadt hat ihm den Kulturpreis verliehen – überzeugen Regionalkrimis nur, wenn der Autor den Lokalkolorit wirklich kennt? "Ich denke schon. Ich kenne das Stadtbild von Nürnberg ja nicht von Postkarten, sondern lebe hier und empfinde selbst, was Franken prägt." Dazu passt, dass Beinßen unter dem Pseudonym Jules Besson eine weitere Krimireihe vorgelegt hat. Monsieur Keller ermittelt zwar in verschiedenen Gegenden Frankreichs, doch ursprünglich stammt der Monsieur aus Franken und hat hier schon zwei knifflige Fälle gelöst.

Die historische Figur des letzten Nürnberger Henkers, die Kriminalautor Jan Beinßen fasziniert, beschäftigte uns auch im Podcast "Abgründe".

Jan Beinßen: Die kopflose Braut. Roman. ars vivendi Verlag, 192 Seiten, 14,90 Euro. Mehr auf zeitungsshop.nordbayern.de.


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