Hip-Hop Dance

Luulu trotzt der Schwerkraft: Tänzerin aus Nürnberg startet Kinokarriere

17.10.2021, 16:28 Uhr
Luulu trotzt der Schwerkraft: Tänzerin aus Nürnberg startet Kinokarriere

© Studiocanal

Der alte Traum vom Fliegen: Für Luwam Russom ist er wahr geworden. Wer die 25-jährige Tänzerin in Aktion erlebt hat, die Elastizität, mit der sie ihre Arme, Beine und Schultern durch die Luft wirbelt, die Kraft und Anmut ihrer Bewegungen, ihre akrobatischen Sprünge, könnte meinen, dass die Gesetze der Schwerkraft für sie nicht gelten.

Luwam, auch Luulu genannt, tanzt Hip-Hop, zusammen mit den ganz Großen dieser Szene. Wer es bis hierhin geschafft hat, braucht eine extreme Körperbeherrschung; über Nacht erlernt man die nicht.

Luulu trotzt der Schwerkraft: Tänzerin aus Nürnberg startet Kinokarriere

© André De Geare

„Ich trainiere, seitdem ich dreieinhalb Jahre alt bin“, sagt Luwam und erinnert sich an ihre ersten Tanzschritte. Beigebracht hat man sie ihr, ganz klassisch, in einer Ballettschule für Kinder. „Ich kam schnell voran, aber es war mir alles zu steif“, erinnert sich die gebürtige Nürnbergerin. Statt zu „Schwanensee“ begann sie zwei Jahre später zu der Musik zu tanzen, die sie heute noch jeden Tag inspiriert.

„Mein Vater war es, der diesen Kurs im Jugendzentrum Quibble in der Südstadt entdeckt hat“, erzählt Luwam Russom, „von ihm habe ich auch die Begeisterung für Musik und Bewegung geerbt.“ Sie wechselte in die Tanzschule Lawreys Dance, dort wurde es schon bald sehr intensiv: Luwam wurde Mitglied einer Show-Tanzgruppe, absolvierte Aufführungen und Wettbewerbe. Unauslöschlich ist ihr die erste Battle in Erinnerung geblieben, an der sie teilnahm.

„Das war 2005 im Cinecittà“, erzählt sie, „und seitdem habe ich Blut geleckt.“ Wie der Name sagt, treten bei einer Tanz-Battle verschiedene Tänzer in einem Wettkampf gegeneinander an. Wer die besten Moves und die originellste Choreografie hat, gewinnt.

Mädchen in der Minderheit

„Nürnberg war damals schon berühmt für seine Hip-Hop-Szene“, sagt Luwam. „In der Zwischenzeit hat sie sich weiterentwickelt, es gibt vor allem viel mehr Frauen. Damals waren wir Mädchen echt in der Minderheit.“

Umso mehr wunderten sich die Lokalmatadore über die Grundschülerin, die ihnen so souverän die Stirn bot und nun regelmäßig bei Battles auftauchte. „Natürlich steht der Spaß dabei im Vordergrund. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, mag ich das Gefühl zu gewinnen schon sehr“, sagt Luwam verschmitzt.

Dieses Gefühl sollte sie noch oft genießen können; auch bei größeren Veranstaltungen wie dem „Street Dance Kemp Europe“, für das sie sich 2016 qualifizierte, oder bei „Summer Dance Forever“ in Amsterdam 2017, wo sie es unter die Top 24 schaffte – als erste weibliche Hip-Hop-Tänzerin aus Deutschland. Seitdem ist sie Teil der internationalen Szene und gewann im Jahr darauf die Qualifikation zum „Juste Debout“, für Streetdancer eine Art Freestyle-Weltmeisterschaft. Ihre Teilnahme als Finalistin in Paris öffneten ihr weitere Türen, Fleiß und Disziplin hatten ihr den Durchbruch ermöglicht.

Luulu trotzt der Schwerkraft: Tänzerin aus Nürnberg startet Kinokarriere

© Andreas Hübner/imago images/Future Image

„Ich habe schon als Kind mehrere Stunden am Tag trainiert“, berichtet Luwam, „oft bis ganz spät abends.“ Darunter litten nicht nur Schulnoten, sondern auch Freundschaften. „Während andere Geburtstag feierten, war ich bei irgendeiner Battle.“ Dass sie das Tanzen einmal zum Beruf machen würde, hatte sie zwar „irgendwie im Hinterkopf“, ein bewusstes Lebensziel war es zu dieser Zeit aber noch nicht. „Ganz deutsch, habe ich zunächst eine Ausbildung absolviert.“ Immerhin weiß sie heute, dass der Beruf der Speditionskauffrau nicht der richtige für sie ist.

Den Sprung ins professionelle Tänzerleben hat sie erst vor zwei Jahren gewagt, das aber mit voller Überzeugung: ein buntes Berufsfeld, das sich aus Bühnenauftritten, etwa als Background-Tänzerin, aber auch anderen Projekten wie etwa Werbedrehs zusammensetzt. Darüber hinaus unterrichtet Luwam Russom an drei Tanzschulen in Nürnberg, ihrer Heimatstadt, der sie bis heute treu geblieben ist. „Wobei mir momentan Berlin auch sehr gut gefällt“, sagt sie. Und das nicht nur, weil sie Ende des vorletzten Jahres aus besonderen beruflichen Gründen mehrere Wochen dort verbracht hat.

Aus heiterem Himmel

Wer derzeit Luwams Namen googelt, stolpert unweigerlich über Katja von Garniers neuen Film „Fly“, der am Donnerstag seine offizielle Premiere gefeiert hat und auch in Nürnberg zu sehen ist. Der Streifen, auf seine Weise ein klassischer Tanzfilm, erzählt von einer Gruppe straffällig gewordener Jugendlicher, die durch ein Resozialisierungsprogramm nicht nur die Lust am Streetdance entdecken, sondern gleichzeitig neue Perspektiven für ihr Leben. An der Seite von Stars wie Katja Riemann und Nicolette Krebitz spielt Luwam die Finanzbetrügerin Carmel – ein Rollenangebot, das aus heiterem Himmel kam.

Luulu trotzt der Schwerkraft: Tänzerin aus Nürnberg startet Kinokarriere

© Studiocanal

„Eines Tages bekam ich einen Anruf von Vartan Bassil, dass ich am nächsten Tag in Berlin für einen Film vorsprechen sollte“, erzählt sie. Bassil, künstlerischer Leiter der legendären, ebenfalls an „Fly“ beteiligten Tanzgruppe Flying Steps, hatte Garnier auf das Ausnahmetalent aus Nürnberg aufmerksam gemacht. Pünktlich um zehn Uhr am Folgetag stand Luwam in der Hauptstadt auf der Matte und erhielt die Rolle, trotz mangelnder Schauspielerfahrung. Zwei Monate dauerten die Dreharbeiten, bei denen Luwam viel gelernt hat. „Mittlerweile lasse ich mich im Schauspiel coachen“, sagt sie. „Fly“ soll nicht ihr letzter Film werden.

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© André De Geare

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