Machen Kabarett und Comedy den Sex kaputt?

3.9.2008, 00:00 Uhr
Machen Kabarett und Comedy den Sex kaputt?

Derweil geht das Brettl in der Altstadt in seine 24. Spielzeit, die Jubiläums-Saison ist also bereits in Sicht. Deren größte Attraktionen sind schon fest gebucht: Volker Pispers wird am 10. September 2009 in der Meistersingerhalle auftreten, Urban Priol folgt Anfang Dezember am gleichen Ort. Der Vorverkauf beginnt bereits ein Jahr im voraus, nämlich im November 2008. Mit den Einnahmen aus der großen Halle «subventioniert« das Burgtheater die Auftritte in seinem eigenen 99-Besucher-Saal. Dort lässt sich laut Ulrike Mendlik trotz einer guten Auslastung von durchschnittlich 80 Prozent «kaum noch kostendeckend spielen« - vor allem, wenn es sich um junge, unbekanntere Künstler handelt. Für deren Erfolg spielt inzwischen das Fernsehen die entscheidende Rolle, fast alle Sender haben das Kabarett als Quotenbringer entdeckt. Das Privatfernsehen, das jahrelang nur mit schenkelklopfender, aber meist flacher Comedy Kohle machte, schmuggelt inzwischen anspruchsvollere Kleinkunst in seine Programme.

Wobei die Grenzen fließend und Querverbindungen durchaus nicht selten sind: So präsentiert das Burgtheater im nächsten Monat, am 19. Oktober, den Co-Autor des Comedy-Stars Michael Mittermeier: «Endlich« lautet der Titel des Programms, und Sven Kemmler heißt der Künstler. Auf der gleichen Schiene, nämlich der gehobenen Comedy, läuft Chris Boettcher in Nürnberg ein: «unterhaltsam, aber nicht blöd«, so die Einstufung von Ulrike Mendlik. Einen Sonderfall des Genres stellt René Marik dar. Er hat sich der Puppen-Comedy verschrieben und braucht dafür einen hohen Raum, den das Burgtheater nicht bieten kann. Also kooperiert es mit dem Kali, wo Marik voraussichtlich im April auftreten soll.

Mag ihr Spielplan auch vielseitig sein, so versucht Kiki Schmidt doch jedes Jahr, ein Motto oder einen Trend zu benennen: Diesmal ist es «Literatur und Poetry Slam«, wobei sie Letzteres als «das Anarcho-Kabarett von heute« definiert. Für die unterschiedlichen literarischen Formen, vor allem auf der Basis von eigenen Texten, stehen Künstler wie Marko Tschirpke, Marcus Jeroch oder Frank Goosen. Sein Auftritt am 11. September ist bereits ausverkauft.

Bessere Chancen auf ein Ticket bestehen bei Horst Evers (5./6. Dezember). Martin Buchholz (28./29. November) könnte eigentlich größere Säle füllen, aber der «ganz alte Hase« (Kiki Schmidt) spielt aus Sympathie und jahrzehntelanger Verbundenheit noch auf der kleinen Bühne. Die wird übrigens immer mehr zum Ort für Uraufführungen. So starten Mark Britton (31. Januar) und Ken Bardowicks&Luke Wilson (12. bis 15. Februar) in Nürnberg ihr neues Programm.

Die mittlere Saal-größe zwischen eigenem Haus und Meistersingerhalle steht dem Burgtheater in der kommenden Saison nicht so häufig zur Verfügung, weil das Staatsschauspiel die Tafelhalle als Ausweich-Spielstätte braucht. Daher gibt es dort nur achtmal Kabarett, wobei die Auftritte von Martina Schwarzmann und Dr. Eckart von Hirschhausen bereits ausverkauft sind.

Wer ausgefallenere Angebote sucht, dem könnte die Programmschiene «Schräges aus Österreich« zusagen. Um die Brettl-Artisten aus dem Alpenland war es in den letzten Jahren ruhiger geworden, aber jetzt gibt es laut Ulrike Mendlik wieder Nachschub. Ihr Geheimtipp ist das Kollegium Kalksburg. Die drei musikalischen Herren «vollführen den ganz normalen Wiener Wahnsinn mit sichtlichem Vergnügen am sinnigen Quatsch und am immer wieder frappierenden Talent für die geplante Panne«, heißt es im September-Programm des Burgtheaters. Bei dem Duo Christoph & Lollo lässt schon der Titel Schlimmes ahnen: «Hitler, Huhn und Hölle«, lautet die Drohung.

Die schrägen Kleinkünstler aus Österreich werden indes noch nicht dabei sein, wenn Christian Oberlander zum Saisonbeginn im Burgtheater seine Kabarettisten-Porträts ausstellt. Als Ausgangsmaterial dienten dem Nürnberger Medienkünstler Videoaufnahmen von Prominenten wie Georg Schramm oder Urban Priol.

Abschließend noch eine Warnung, was Kabarett im Geschlechtsleben anrichten kann: «Zu intelligent für Sex« lautet der entlarvende Programmtitel von Anny Hartmann. Hans-Peter Klatt

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