Meinungsfreiheit bedroht? Proteste gegen Haftstrafe für spanischen Rapper eskalieren

19.2.2021, 10:00 Uhr
Bei gewalttätigen Protesten in Madrid brannten erneut die Barrikaden.

© David Zorrakino, dpa Bei gewalttätigen Protesten in Madrid brannten erneut die Barrikaden.

Die dritte Nacht in Folge hat es in mehreren spanischen Städten am Donnerstagabend gewalttätige Proteste gegen die Inhaftierung des Rappers Pablo Hasél gegeben. Der 32-Jährige, der mit bürgerlichem Namen Pablo Rivadulla Duró heißt, war am Dienstag festgenommen worden, nachdem er sich in der Universität von Lleida verbarrikadiert hatte.

Zuvor hatte er sich geweigert, eine neunmonatige Haftstrafe anzutreten. Er war wegen des Vorwurfs verurteilt worden, in seinen Songtexten und in Tweets Gewalt gegen Polizisten und Politiker verherrlicht und die Monarchie beleidigt zu haben.

Wegen der Proteste kam es in der linken Regierung in Madrid zu Streit, weil der kleinere linksalternative Koalitionspartner Unidas Podemos (UP) die Gewalt nicht verurteilt hatte. UP-Sprecher Pablo Echenique hatte auf Twitter gepostet: "All meine Unterstützung für die jungen Antifaschisten, die auf den Straßen Gerechtigkeit und Meinungsfreiheit fordern."

Zoff in spanischer Regierung

Vize-Regierungschefin Carmen Calvo von den Sozialisten warf UP vor, die Gewalt noch anzustacheln. Das Recht auf Meinungsfreiheit dürfe nicht mit Gewalt verteidigt werden, sagte die Sozialistin am Donnerstag in einem Radio-Interview.

In Barcelona schoben Demonstranten am späten Donnerstagabend wieder Müllcontainer zu Barrikaden zusammen und setzten sie in Brand, wie die Zeitung "La Vanguardia" berichtete. Auch seien Geschäfte beschädigt und Scheiben der Zeitung "El Periódico" zerstört worden. Die Polizei wurde mit Steinen und Flaschen beworfen, wie auf Live-Bildern zu sehen war.

Auch aus Valencia, Tarragona, Sabadell, Girona, Lleida und Vizcaya wurden Proteste gemeldet. Es gab mehrere Verletzte, darunter mindestens ein Polizist, der von einem Stein am Kopf getroffen worden sei. In Barcelona wurden sechs und in Valencia acht Menschen festgenommen.

Bedrohte Meinungsfreiheit?

Die Proteste hatten sich vor drei Tagen an Bildern des Polizeieinsatzes entzündet, bei dem Pablo Hasél festgenommen wurde. Über soziale Netzwerke wurde der Fall in der Welt bekannt und löste eine Welle an Unterstützung aus.


Eine Gruppe von 200 Künstlern veröffentlichte ein Manifest, das den Musiker verteidigt, darunter Pedro Almodóvar und Joan Manuel Serrat. Sie sehen die Meinungs- und Kunstfreiheit durch das Urteil bedroht.

Hasél hatte Alt-König Juan Carlos I., der sich nach Korruptionsvorwürfen und Ermittlungen gegen ihn nach Abu Dhabi abgesetzt hat, einen Dieb genannt und Gewaltfantasien gegen konservative Politiker in seine Texte eingebaut. Er selbst sieht das durch die Meinungsfreiheit gedeckt.

Die spanische Zeitung "La Vanguardia" bezeichnete die Texte des Rappers in einem Kommentar als "erbärmlich" und betonte, dass auch die Meinungsfreiheit Grenzen haben müsse. Dass das Strafgesetzbuch dafür Haftstrafen vorsieht, sei aber problematisch.

Zu dieser Ansicht scheint auch die spanische Regierung gekommen zu sein. So ist eine Änderung des Strafgesetzbuchs in Planung, die verbale Exzesse zwar weiter mit Strafe bedroht, aber nicht mehr mit Haft.

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