Mit Festkonzert: Wie die Bamberger Symphoniker ihr Jubiläum feiern

12.3.2021, 19:19 Uhr
Die Bamberger Symphoniker im Hexenkessel der britischen Sommerfestival-Kultur: 2019 traten sie bei den BBC Proms in der Londoner Royal Albert Hall mit ihrem Chefdirigenten Jakub Hrusa auf.  

© Chris Christodoulou Die Bamberger Symphoniker im Hexenkessel der britischen Sommerfestival-Kultur: 2019 traten sie bei den BBC Proms in der Londoner Royal Albert Hall mit ihrem Chefdirigenten Jakub Hrusa auf.  

Einsam ragt das Konzert zwischen den abgesagten März-Terminen auf der Homepage der Bamberger Symphoniker hervor. Am 18. März wird gefeiert, allen Widrigkeiten zum Trotz. Das weltweit gefragte Spitzenorchester aus der oberfränkischen 78 000-Einwohner-Stadt wird 75 Jahre alt und erinnert in einem live im Radio, Fernsehen, Online-Stream und auf Facebook übertragenen Konzert an seine reiche musikalische Geschichte.

Es war im März 1946, als im Bamberger Zentralsaal erstmals das „Bamberger Tonkünstlerorchester“ auftrat. In dem neuen Klangkörper hatten sich viele nach dem Zweiten Weltkrieg in der Stadt gestrandete Musiker gesammelt, darunter rund 30 Prozent aus dem „Deutschen Philharmonischen Orchester“ in Prag – was fortan den Gründungsmythos und den Markenkern des Orchesters ausmachen sollte: Musiker mit böhmischen Wurzeln; böhmisch gefärbter, weicher Klang mit seidigen Streichern und glänzendem Blech – und das alles aus Bamberg.


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Ein Erfolgsrezept war geboren, das zum internationalen Höhenflug taugte. In der Heimat kennt man sie als Bamberger Symphoniker, der akustisch herausragende Josef-Keilberth-Saal in der 2009 nochmals gründlich sanierten Sinfonie an der Regnitz aus dem Jahr 1993 ist ihre Basis, regelmäßige Auftritte in Fürth, Erlangen, Schweinfurt (und zum Glück auch ziemlich häufig in Nürnberg) gehören zu ihrem Portfolio.

Der internationale Ruf aber festigte sich als das bedeutendste Reiseorchester Deutschlands: über 6500 Konzerte in mehr als 60 Ländern und über 500 Städten zählt man inzwischen – und firmiert global unter dem Namen „Bamberg Symphony“.

Der akustisch herausragende Josef-Keilberth-Saal in der 2009 nochmals gründlich sanierten Sinfonie an der Regnitz ist die Basis der Bamberger Symphoniker.

Der akustisch herausragende Josef-Keilberth-Saal in der 2009 nochmals gründlich sanierten Sinfonie an der Regnitz ist die Basis der Bamberger Symphoniker. © Foto: Andreas Herzau/ Bamberger Symphoniker

Ein weiteres Aushängeschild ist der rasch berühmt gewordene Dirigentenwettbewerb. Bei dessen erster Auflage machte 2004 der Sieger Gustavo Dudamel gleich Weltkarriere. Seitdem zählt „The Mahler Competition“ zu den bedeutendsten Entdeckungsforen für junge zukünftige Stardirigenten – genannt seien hier nur Oksana Lyniv, Lahav Shani und der Chefdirigent der Nürnberger Symphoniker Kahchun Wong.


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Lediglich sechs Chefdirigenten formten bislang Klang und Charakter der Bamberger Symphoniker: Den Anfang machte 1950 Joseph Keilberth, es folgten István Kertész, James Loughran und Horst Stein. Ab dem Jahr 2000 war Jonathan Nott für 16 Jahre der Chefdirigent der Bamberger und machte sie zu einem international geschätzten Mahler-Orchster – mit einer hochgelobten Gesamteinspielung von dessen Sinfonien.

Im Herbst 2016 folgte Jakub Hrusa, der erste Tscheche auf diesem Posten und damit der erste, der von seiner Herkunft eine direkte Brücke zur böhmischen Klangtradition schlägt. Der 39-jährige Hrusa ist aber weit mehr und etwas ganz anderes als ein Traditionalist.

Neben der Pflege des klassischen Repertoires wagt er sich an Klangexperimente und Zeitgenössisches, beweist jede Menge Humor. Etwa als er 2017 im Fürther Stadttheater für John Cages berühmt berüchtigtes Werk 4’33’’ (es besteht aus viereinhalb Minuten reiner Stille) stoisch Buhs in Kauf nahm.

Eine Brahms-Dvorak-Edition ist derzeit Hrusas zentrales CD-Projekt. Jede der Einspielungen stellt eine Sinfonie Johannes Brahms’ und Antonin Dvoraks gegenüber, hinterfragt also deutsche und böhmische Klangtradition – nicht nur das BBC Music Magazine zeigte sich begeistert.

Internationale Reisen gehören zur DNA der Bamberger Symphoniker. 2019 traten sie mit ihrem Chefdirigenten Jakub Hrusa beim 74. Musikfestival Prager Frühling auf.

Internationale Reisen gehören zur DNA der Bamberger Symphoniker. 2019 traten sie mit ihrem Chefdirigenten Jakub Hrusa beim 74. Musikfestival Prager Frühling auf. © Michal Krumphanzl

Zwischen den Chefdirigenten der Bamberger klafften manchmal erhebliche zeitliche Lücken, was der Entwicklung des Orchesters aber keinen Abbruch tat, weil bei ihnen immer auch Gastdirigenten eine bedeutende Rolle spielten – darunter Eugen Jochum, der hochbetagte, aber immer noch aktive Herbert Blomstedt sowie Christoph Eschenbach.


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Letzterer dirigiert nun auch das Jubiläumskonzert am 18. März. Der eigentlich vorgesehene Hrusa darf wegen der für die Tschechische Republik geltenden Einreisebeschränkungen nicht nach Bamberg reisen.
Das Programm ist identisch mit jenem Festkonzert vom 20. März 1946, mit dem für die Bamberger Symphoniker das erste Stündlein schlug: ein reines Beethovenprogramm mit der Leonoren-Ouvertüre Nr. 3, dem Violinkonzert (Solist ist Nikolaj Szeps-Znaider) – und einem bedeutenden Unterschied.

Mit 75 Jahren Verspätung wird nun die „Eroica“ erklingen, Beethovens 3. Sinfonie. Die war der US-amerikanischen Besatzungsbehörde so kurz nach dem Krieg seinerzeit zu „heroisch“. Damals erklang Beethovens Siebte, die „Apotheose des Tanzes“, wie Richard Wagner sie nannte.

Das Festkonzert wird am 18. März, 20.15 Uhr, live übertragen auf BR-Klassik, ARD-alpha und im Livestream auf BR-Klassik.de. Anschließend steht es unbegrenzt in der BR-Mediathek zur Verfügung.

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