Mit neuem Album an der Charts-Spitze: Die Foo Fighters sind zurück

12.2.2021, 16:30 Uhr
Die US-amerikanische Rockband Foo Fighters mit Taylor Hawkins (l-r), Dave Grohl, Pat Smear, Nate Mendel, Rami Jaffee und Chris Shiflett

© Danny Clinch, dpa Die US-amerikanische Rockband Foo Fighters mit Taylor Hawkins (l-r), Dave Grohl, Pat Smear, Nate Mendel, Rami Jaffee und Chris Shiflett

Dave Grohl, dem nicht zu Unrecht der Ruf vorauseilt, der "netteste Mann des Rock’n’Rolls" zu sein, hat mit seinen Foo Fighters jüngst bei der Amtseinführungsparty von Joe Biden und Kamala Harris "Times Like These", den wohl bekanntesten Song der Band, gespielt. Auch im Videointerview macht sich der 52-Jährige zunächst Gedanken über die Welt nach Trump. "Mitgefühl und Empathie sind für mich momentan die entscheidenden Werte. Rücksichtslosigkeit schadet allen." Und zu Corona sagt Grohl: "Wir müssen uns klarmachen, dass das ,alte Normal’ nicht mehr existiert. Lasst uns viel lieber alle versuchen, das neue Leben lebenswert zu machen."


Everybody’s Dave: Die Foo Fighters beglücken den Park


Weder an den Foo Fighters noch an den Grohls geht die Seuche spurlos vorrüber. Als wir mit Dave sprechen, hält er sich gemeinsam mit seiner Frau Jordyn und den drei Töchtern Violet (14), Harper (11) und Ophelia (6) in den Bergen von Utah auf. "Wir sitzen vormittags alle an unseren Rechnern."

Nachmittags geht es an die frische Luft, die üppige Natur Utahs biete alle Möglichkeiten zum Wandern und Radfahren. "Medicine At Midnight" ist seit einem Jahr fertig, und wären die Umstände nicht wie sie sind, so hätten die Foo Fighters es im Sommer 2020 veröffentlicht und wären auf eine große, für anderthalb Jahre anberaumte, Welttournee gegangen. "Stattdessen haben wir die längste Pause hinter uns, die es bei den Foo Fighters je gegeben hat."

Erst im vergangenen Oktober spielte die Truppe wieder zusammen. Der Kurzauftritt mit sechs Songs im – abgesehen von den Bandmitgliedern, einigen Roadies und Technikern – menschenleeren "Troubadour" in West Hollywood, sei für die Moral der sechs Musiker von erheblicher Bedeutung gewesen. "Als wir endlich wieder zur ersten Probe im selben Raum zusammentrafen, fühlte sich das an, als bekämen wir unser Leben zurück. Vorher hatte ich die Jungs sechs, sieben Monate lang nicht gesehen. Das war eine unvorstellbar lange Zeit für uns. Denn wir sind nicht nur eine Band, wir sind wie Brüder."

"Medicine At Midnight", das zehnte Studiowerk und damit seinerseits schon eine Art Jubiläumsarbeit, ist ein verblüffendes, ein in erheblichem Maß auch überraschendes Album geworden. Es gibt beispielsweise mit "No Son Of Mine" eine harte, aggressive Nummer, auf der Grohl seine Worte überwiegend herausbrüllt – und die sehr bewusst von Motörheads Lemmy Kilmister inspiriert wurde. In deutlichem Kontrast zu dem Heavy-Song steht ein Lied wie "Cloudspotter" mit seinem ungenierten Pop-Ansatz. Auch "Chasing Birds", hochmelodisch und ohne Frage von Dave Grohls tiefer Liebe zu den Beatles beeinflusst, zählt zu den eher flauschigen und liebenswürdigen Kompositionen auf "Medicine At Midnight".


Seelsorge für verzweifelte Fans: Vor 25 Jahren trennten sich Take That


Sehr eindringlich klingt das akustisch-melancholische "Waiting On A War", das Grohls Kindheitserinnerungen an die Angst vor einem Atomkrieg ("Wir wuchsen in einem Vorort von Washington D.C. auf und dachten, wenn was passiert, sind wir dran") mit der Furcht von Tochter Harper vor einem nordkoreanisch-amerikanischen Konflikt in Bezug setzt . Die Abschlusshymne "Love Dies Young" wiederum ist perfekt für die Stadien, sobald man die Foo Fighters dort wieder spielen lässt. "Mich erinnert der Song an ABBA", sagt Dave Grohl. "Ich liebe ABBA schon mein ganzes Leben lang."

"Es ist cool, älter zu werden"

Die Foo Fighters sind seit Mitte der Neunziger eine Institution. Nach dem Suizid von Kurt Cobain hatte sich Dave Grohl, der seit 1990 als Schlagzeuger bei Nirvana war und Triumphe und Tragik der Band unmittelbar durchlebte, entschieden, als Musiker weiterzumachen und eine neue Band zu gründen. Nur: Diesmal wollte Grohl der Frontmann sein. Mit ihren kraftvollen, epischen Rocksongs füllen sie seit vielen Jahren die Stadion und Arenen in aller Welt.

Trotz seiner grauen Barthaare, "auf die ich stolz bin, denn ich finde es cool, älter zu werden", zählen die Foo Fighters noch immer zu den jüngeren der erfolgreichsten Rockbands. Und zu den – bei aller Beständigkeit – auch experimentierfreudigsten. Erneut mit von der Partie: auf "Medicine At Midnight": Produzent Greg Kurstin, der mit Adele, Pink und auch mit Paul McCartney gearbeitet hat. "Anstatt immer älter zu werden und langsam im Sonnenuntergang unserer Karriere zu verschwinden, haben wir entschieden, ein mitreißendes Party-Album zu machen."

Bowie als Einfluss

Richtig ins Gesicht springt die neue Ausrichtung im sehr groove-rockigen Titellied und in "Shame Shame", dem man schon beim ersten Hören anmerkt, woher die Inspiration stammt. "Klar, von David Bowies ‚Let’s Dance‘", sagt Grohl fröhlich lachend. "Diese Platte war ein Meilenstein für mich. Ich stehe schon immer krass auf Rockbands und Musiker, zu denen du fett abfeiern kannst, seien es AC/DC, die Rolling Stones, Kiss oder eben Bowie."

Seine Mutter habe immer Disco im Auto gehört, als sie den kleinen Dave morgens zur Schule kutschierte. Als Teenager war er begeistert von Funk-Künstlern wie der Gap Band und Cameo – alldieweil er sich in der Punk- und Hardcoreszene von Washington D.C. einen Namen machte.

"Punk in Washington war einzigartig, denn Bands wie die Soul Searchers, Chuck Brown oder Trouble Funk zeichneten sich alle durch ihre Affinität zur Dance-Music aus. In diesem Umfeld bin ich musikalisch sozialisiert worden. Wenn ich mir heute mein Schlagzeugspiel auf ,Nevermind’ anhöre, auf Songs wie ,Come As You Are’ oder ,Smells Like Teen Spirit’, dann erkenne ich ihn auch dort sofort, den guten alten Disco-Dave."

Keine Kommentare