Mit viel Gefühl: Der Berliner "Tatort" im Check

8.11.2019, 19:48 Uhr
Im neuen Fall aus Berlin kommen sich die Kommissare Karow (Mark Waschke) und Rubin (Meret Becker) näher als jemals zuvor.

© © rbb/Marcus Glahn Im neuen Fall aus Berlin kommen sich die Kommissare Karow (Mark Waschke) und Rubin (Meret Becker) näher als jemals zuvor.

Um was geht's? Der sonst so coole Karow (Mark Waschke) ist plötzlich ganz weichgespült. Sein Nachbar lag wochenlang tot in der Wohnung nebenan und Karow hat nichts davon bemerkt. Der Kommissar folgt seiner Intuition und begibt sich auf Spurensuche. Rasch steht sein Entschluss: Der alleinstehende Rentner ist keines natürlichen Todes gestorben.

Was passiert dann? Eine von Karow angeordnete zweite Leichenschau beweist, dass der Pensionär tatsächlich ermordet wurde. Während Rubin (Meret Becker) sich bei ihren Recherchen auf die zwielichtige Vermieterin konzentriert, geht Karow einer anderen Fährte nach. Diese führt ihn in die Vergangenheit der ehemaligen DDR.

Und sonst so? Als herauskommt, dass Rubin sich auf eine andere Stelle beworben hat, steht Karow die Enttäuschung förmlich ins Gesicht geschrieben. Weitaus weniger emotional reagiert der Ermittler dagegen, nachdem er erfahren hat, dass Rubin wieder Interesse an Männern hegt. Auf eine gewisse Art und Weise leistet sie damit sogar einen Beitrag zur Völkerverständigung.

Die eine Geschichte hinter der Geschichte: Der zehnte "Tatort" aus Berlin beschäftigt sich mit einem zunehmenden Problem unserer Zeit, der wachsenden Einsamkeit in der Großstadt, wovon vor allem Ältere und Alleinstehende betroffen sind. Die Angst, bald selbst ein mit der Einsamkeit Verheirateter zu sein, macht dem sonst so abgebrühten Karow sichtlich zu schaffen.

Die andere Geschichte hinter der Geschichte: Passend zum 30-jährigen Jubiläum des Mauerfalls hat Autorin Sarah Schnier eine Episode aus der Historie der ehemaligen DDR mit in die Handlung integriert. Die im Jahr 1987 offiziell abgeschaffte Todesstrafe, um die sich viele Mythen ranken, spielt in "Das Leben nach dem Tod" eine tragende Rolle.

Die Erkenntnis des Films: Bei einer Leichenschau ist es vorgeschrieben, dass der Tote von allen Seiten genau untersucht wird. Weil in Deutschland jeder Arzt eine solche Untersuchung vornehmen darf, geschehen dabei aber immer wieder Fehler. Aus diesem Grund hat Bremen als bislang einziges Bundesland 2017 die qualifizierte Leichenschau eingeführt, bei der neben dem Arzt, der den Tod diagnostiziert, ein zusätzlicher und entsprechend ausgebildeter Mediziner den Leichnam untersucht.

Das Requisit des Films: Einem besonderen Kruzifix aus der Wohnung des Ermordeten kommt in diesem "Tatort" eine gewisse Bedeutung zu. Bevor es am Ende des Films abgehängt wird und auf dem kurzen Dienstweg in Karows Besitz übergeht, spielt sich vor dem Kreuz noch eine sehr emotionale Szene zwischen den beiden Kommissaren ab.

Hätten Sie's gewusst? Das Zerreißen von Kleidern ist ein Ausdruck von Trauer. So zeigen gläubige Juden ihre Trauer, indem sie sich mit einer Schere in Hemd oder Bluse schneiden und diese dann einreißen.

Unser Fazit: Eine gelungene Bildmontage, vorzüglich aufspielende Akteure und eine in mehrere Handlungsstränge aufgefächerte Geschichte, die sich sowohl einem dunklen Kapitel aus der DDR-Vergangenheit nähert als auch ein Phänomen unserer Zeit thematisiert, machen diesen "Tatort" zu einem echten Erlebnis. Eins mit Stern und bitte mehr davon.

Verwandte Themen


Keine Kommentare