Neue Songs von Klaus Brandl

3.7.2011, 18:21 Uhr
Neue Songs von Klaus Brandl

© Cover

Ja ist er denn ein Findling mit Gitarre, der seit Jahr und Tag irgendwo im Reichswald hinterm Schmausenbuck vor sich hinmodert? Klaus Brandl als „Urgestein“ zu bezeichnen ist journalistisch in etwa so einfallsreich wie die ewigen drei Akkorde von Status Quo abwechslungsreich sind. Womit hat er das verdient?

Mit seinem neuen Album jedenfalls nicht. Steine kommen einem beim Anhören allenfalls dann in den Sinn, wenn er singt – zuweilen so wunderbar vulgär und kantig, als hätte ihm einer Kieselsteine ins Gurgelwasser getan.

Zum Teufel mit dem Satan

„November is my Spring“ heißt das neue Werk. Auf dem Cover grinst der Mittfünfziger so faustisch, als käme er uns alle gleich mit seiner Gitarre in die Finsternis holen. Was er ja dann auch 16 lüsterne Walzer, balkanische Polkas, beseelte Bluesnummern und andere Geisterstundenmelodien lang mit Hingabe tut.

Es klingt schwer nach Tom Waits, wenn er schurkige Tänze mit dem Teufel ausficht, gerade so, als hätte ein Satan es nicht nur auf seine Seele abgesehen, sondern – für einen wie Brandl womöglich noch fieser – auch noch auf seine Gitarre.

Nur gut, dass dieser kahlköpfige Musikverrückte, der nach seiner bedrohlichen Erkrankung und der erfreulichen Wiedergenesung zu Recht im Albumtitel behaupten darf, dass der November sein Frühling sei, tatsächlich mehr als ein Leben zu haben scheint.

Dass Brandl, dieser Nürnberger Nachtgiger vor dem Herrn, dann Dr. Jekyll & Mister Hyde besingt, kommt nicht von ungefähr. Mit Licht- und Schattenseiten kennt er sich aus, der Klaus. Der damals vor dem Abitur die Schule schmiss. Um seither von nichts Geringerem besessen zu sein als von den schönsten Abgründen und den schlimmsten Verlockungen eines ziemlich kompromisslosen Musikerdaseins. Troubadoure tingeln ohne Rückfahrschein. Auf Gedeih und Verderb.

Was die neue CD betrifft, auf Gedeih. „November is my Spring“ ist nach „Polarbears don’t cry“, „Mississippi on my mind“, „Night Songs“ und „Twilight Limbo“ Brandls fünftes Album.

Dass er die an starken Eigenkompositionen reiche Liedertafel dieses Frühjahr im High-Street-Studio in der Nürnberger Hochstraße bei Gerhard Grell eingespielt hat, hört man der wohlarrangierten Produktion im positiven Sinne nicht an. Provinz? Pah!

Brandl hat ein veritables English drauf, ohne fränkische Bezüge zu verhehlen: Beim Stück „Kusz Walk“ etwa, einer feinen kleinen Nummer mit Anspielung auf den Mundartdichter Fitzgerald Kusz, mit dem er immer wieder auftritt. Hierfür er sich dann aber doch für ein Instrumental entschieden. Und ein weiteres Mal auf dem vielschichtigen Album dürfte es die richtige Wahl gewesen sein. Dass dem Brandl an der Gitarre so schnell keiner was vormacht, wird deutlich. Wie der Herr, so des Gscherr: Eine glanzvolle Rolle kommt dieses Mal Jim Durham mit seinen wohldosierten Saxophoneinsätzen zu. Willi Förtsch macht an Piano und Organ alles richtig, Chris Schmitt triffts an der Harp. Und Helmer Körber am Bass und Klaus Braun-Hessing am Schlagwerk braucht eh keiner mehr zu flüstern, wo der Hammer hängt. Beziehungsweise wo man ihn zuweilen auch mal besser hängen lässt.

Damit es jetzt noch alle unsere englischsprachigen Leser verstehen: Brandl at his best.

CD „November is my Spring“. Nächste Live-Termine: 9. Juli, Nürnberg, Mörlgassen-Fest (vor dem Gregor Samsa, ab 17 Uhr); 10. Juli, Anwanden bei Zirndorf (Kulturpalast, 13 Uhr); 17. Juli, Eschenbach bei Hersbruck (Grüner Schwan, ab 15 Uhr).
 

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