"Ortung VIII" lädt zu Entdeckungstour durch Schwabach

10.8.2013, 17:32 Uhr

© Robert Schmitt

In ihrer achten Auflage warten die Schwabacher Kunsttage sogar mit einem "Ortung-Wasser" auf – als Limited-Edition in der Halbliter-Flasche für zwei Euro. Die Investition lohnt sich doppelt. Zum einen braucht, wer den gut dreistündigen Parcours komplett absolvieren will, ausreichend Flüssigkeit. Zum anderen kommt ein kleiner Teil vom Verkaufserlös den Kunsttagen zugute.

Die verdienen jede Unterstützung. Mit der „Ortung“-Biennale hat sich die Goldschlägerstadt eine Premium-Marke geschaffen. Wo gibt es das schon, dass Künstler nicht nur aus ganz Deutschland, sondern zunehmend auch aus den Nachbarländern in eine fränkische Kleinstadt reisen, um gegen eine geringe Aufwandsentschädigung in Kellergewölben und auf Dachspeichern, in ehemaligen Waschküchen und Turnhallen eigens für diese Orte Kunst zu schaffen.

Auch die Schwabacher selbst dürften bei den achten Kunsttagen manche Orte neu entdecken. Erstmals, und wahrscheinlich auch letztmals, ist die Alte Mälzerei dabei. Dort schwebt ein aus Alltagsmaterialien geschaffenes Flugobjekt, der „Finder“, auf seiner goldenen Umlaufbahn im Raum, auf dem Boden zeigt eine weiße Kreidelinie mit allerlei symbolischen Zeichen die denkbare Flugbewegung an. „Fröhliche Wissenschaft – Alchemie des Alltags“ hat Rolf Blume aus Hannover seine wunderbar ausgetüftelte Installation genannt.

Ebenfalls zum ersten Mal wurde das Kellerlabyrinth am Pinzenberg für „Ortung“ geöffnet. Einer Schatzkammer gleich trifft man in der Dunkelheit zunächst auf die aufgebrochenen Steinsstelen und Findlinge von Mattias Bischoff, deren mit Blattgold belegte und fast magisch beleuchtete Bruchstellen den schweren Steinen etwas Schwebendes verleihen.

Wie stille Wächter führen sie zu den in der feuchtkühlen Tiefe verborgenen Schwarz-Weiß-Porträts von Renate Gehrcke. Die in Pappenheim lebende Künstlerin hat sie als Erinnerung an jene Menschen geschaffen, die hier einmal gearbeitet oder Schutz gesucht haben. Es sind fiktive Gesichter, die vergangene Schicksale beschwören und mit ihrem verstörend intensiven Ausdruck tief berühren. Nicht minder intensiv, aber von luftiger Leichtigkeit ist Gehrckes Installation auf dem Dachboden des Kehrbachspeichers. Umrisshafte Frauenfiguren auf großen transparenten Geweben stehen dort für die Frage nach dem Wohin allen Lebens.

Der Goldbezug findet sich hier, wie in vielen Arbeiten, auf einer Metaebene. Das Leben als höchstes Gut – oder die Umwelt, auf deren Zerstörung die Rumänin Maria Gall aufmerksam macht. Batteriebetriebene Kreaturen aus Plastikmüll kämpfen da vergeblich um ihre Freiheit. Das ist witzig und zugleich beklemmend.

Kunst und Kritik

Ein sehr kritischer Kommentar zum Streben nach olympischem Gold, nach Ruhm und nationaler Ehre ist Eleni Papaioannous Inszenierung in einer aufgelassenen Turnhalle. Aus den verbliebenen Sportgeräten hat sie eine fast fragil anmutende Konstruktion geschaffen, in deren Mitte YouTube-Videos kleine Leistungsturnerinnen beim Drill zeigen.

Ja, und wo bleibt das echte Gold, das glänzt und das Auge verführt? In purer Form wird ihm nirgends mehr gehuldigt – und das ist auch gut so. Aber goldenen Glanz gibt es doch zur Genüge. Und sei es als zarter Schleier, der sich über den Blick auf die Schwabacher Außenwelt legt, wie in Jürgen Durners acht großartigen „Spiegel“-Bildern, die man in der Galerie Gaswerk findet.

Mit „Ortung VIII“ ist der Stadt ein hochkarätiger Kunstparcours gelungen. Immer mehr, immer größer ist nicht das Ziel. Was zählt, sind Qualität und Originalität. Und auch wenn der Goldbezug manchmal schwer zu entdecken ist – auf irgendeiner Gedankenebene ist er immer vorhanden.
 

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