Reisen in spannende Innenwelten

9.4.2011, 00:00 Uhr
Bei der Fotografin Sabine Richter werden Architekturdetails zu spannenden Konstruktionen.

© Richter/privat Bei der Fotografin Sabine Richter werden Architekturdetails zu spannenden Konstruktionen.

Sabine Richter in der Galerie ortart

Die von der Galerie ortart präsentierten Fotografien von Sabine Richter sind pure Abbilder des Realen, welche dem Betrachter dennoch Rätsel aufgeben. Durch eine stets ungewöhnliche Wahl von Bildausschnitt und Perspektive erreicht die Künstlerin einen erstaunlich hohen Grad der Verfremdung ihrer Motive. Zu sehen sind Details von Architekturen wie Fassadenverkleidungen, Heizröhren, Treppenstufen oder Kabelabdeckungen, die von Richters Kameraauge auf abstrakt-geometrische Konstruktionen reduziert wurden.

Doch auch dem vermeintlich Konstruierten fehlt bei näherer Betrachtung die Eindeutigkeit. Ein merkwürdiges Zusammenspiel von Licht und Schatten verschleiert die Formen, Spiegelungen schaffen zusätzlich optische Irritationen. Das ist das Spannende an Sabine Richters Bildern. Wer sich einmal auf sie eingelassen hat, kommt nur noch schwer von ihnen los. Diese Fotografien demonstrieren die optische Bedeutsamkeit der Welt an Stellen, an denen wir im Alltag achtlos vorbeigehen. (Spenglerstr. 5; bis 27. Mai, beleuchtes Schaufenster täglich 18-24 Uhr, nähere Betrachtung nach Absprache, Tel.: 270272.

Reisen in spannende Innenwelten

© privat

Axel Gercke und Jurij Sychov-Hlazun in der Galerie des Krakauer Hauses

Eine ganz andere künstlerische Reflexion von Architektur und Technik vermitteln der Nürnberger Maler Axel Gercke und sein ukrainischer Freund und Kollege Jurij Sychov-Hlazun in der Galerie des Krakauer Hauses. Die beiden Künstler haben sich 2008 bei einem Symposium im polnischen Malbork kennengelernt. Seither treffen sie sich mehrmals jährlich in Polen, um sich gemeinsam der Freilichtmalerei zu widmen.

Axel Gercke verbirgt seine Sympathie für unser Nachbarland Polen hinter Sachlichkeit. So malte er z.B. ganz kühl und distanziert die seit der Einführung der Marktwirtschaft um ihr Überleben kämpfende Danziger Werft als menschenleeres Industrie-Denkmal. Ebenso nüchtern betätigt er sich als Chronist der neu erworbenen „Flexibilität“ der Polen, die sich in öden Autobahnbaustellen und mehr oder sinnlos in die Pampa geklatschten Verkehrs-Kreiseln manifestiert.

Dem Ukrainer Sychov-Hlazun hat es mehr die romantische Seite Polens angetan. Mit flottem Pinselstrich erforscht er die Relikte einer alten Kultur: beschauliches Kleinstadtleben zwischen den abbläternden Fassaden von Barock- und Renaissancebauten, vor denen man jüngst eine riesige Statue des Papstes Johannes Paul II. errichtet hat. Alles ist in ein mildes Abendlicht getaucht. Melancholisch beleuchtet wird da eine untergehende Tradition. (Hintere Insel Schütt 34; bis 30. April, Mi. 14-17 Uhr, Do./Fr. 10-14 Uhr)

Bunt und sinnlich: Für den Nürnberger Maler Petani ist die Malerei ein „plötzliches Ereignis“.

Bunt und sinnlich: Für den Nürnberger Maler Petani ist die Malerei ein „plötzliches Ereignis“. © privat

Petani in der Galerie in der Kernstraße

Ein Romantiker auf der Flucht vor der seelenlosen Gegenwart ist auch der Nürnberger Maler Petani, der nach mehreren längeren Bali-Aufenthalten zu einer sehr meditativen Form des Bildermachens gefunden hat. So behauptet er, seine jetzt in der Galerie in der Kernstraße ausgestellten Aquarelle seien von ihm in keinem Fall „bewusst gemacht“ worden, alles habe sich vielmehr „plötzlich ereignet“.

Die Arbeiten sind für Petani Berichte von seinen „Reisen nach innen“. Offenbar hat er dabei recht abwechslungsreiche Gegenden durchstreift. Manche der stets zartfarbigen Blätter ähneln alten Stadtplänen oder Luftbildern von gewaltigen, ausgedehnten Architekturen, andere Bilder erinnern an einen Dschungel, an ein undurchdringliches Geflecht aus vielen Schichten bunt und üppig wuchernder Zeichen und Ornamente. „Was diese Symbole bedeuten, und wo sie letztlich herkommen, kann ich selbst nicht sagen“, bekennt Petani. Ein Augenschmaus sind seine Seelenlandschaften allemal. (Kernstr. 39; bis 30. April, Sa. 12-16 Uhr, So. 14-17 Uhr)

Arbeiten von Anita Blagoi im Kunstverein Kohlenhof

Gegenstände, Menschen, Wörter sind der Ausgangspunkt der Öl-auf-Papier-Arbeiten von Anita Blagoi. Mit der 26-jährigen Schülerin von Roland Fleck präsentiert der Kunstverein Kohlenhof eine vielversprechende junge Malerin, die 2010 bereits einen Akademiepreis gewann. Blagoi grundiert ihre Blätter zunächst in ihrer Lieblingsfarbe Preußisch Blau und löst alles darauf Gemalte dann sukzessive in Farbschichten auf, wobei das Ausgangsmotiv oft noch dechiffriert werden kann. Doch der Reiz dieser Bilder liegt keineswegs im Rätselraten, sondern in der erstaunlich souveränen Symbiose von verwischender Maltechnik und einer erahnbaren Gegenständlichkeit.

Dominiert in den kleinen Horizontbildern noch eine düstere, kaum zu durchdringende Farbigkeit, so entfalten die großformatigen Blätter bezaubernde Spannkraft. Da gibt ein schräg platzierter Farbbalken dem nachtschwarzen Hintergrund räumliche Tiefe. In einem anderen Bild sieht man über einem wasserblauen Streifen einen braunen Zaun oder eine skelettierte Stadtkulisse. Darüber spannt sich ein gelblicher Himmel, der von schwarzen und roten Linien durchzogen ist. Die seltsam morbide Atmosphäre dieses Bildes steht in einem betörenden Kontrast zu der exquisiten Farbkomposition. Malerei mit innewohnendem Geheimnis. Sehr sehenswert. (Grasersgasse 15; bis 7. Mai, Do.–Sa. 14–20 Uhr) ru