Der weibliche Blick

"Schattenleben": So wird der neue "Tatort" aus Hamburg

11.6.2022, 05:55 Uhr
Ela (Elisabeth Hofmann, rechts) und Kommissarin Grosz (Franziska Weisz) waren einmal Freundinnen.

© NDR/O-Young Kwon Ela (Elisabeth Hofmann, rechts) und Kommissarin Grosz (Franziska Weisz) waren einmal Freundinnen.

Hoch im Norden nimmt man sich gerne große Themen im "Tatort" vor: Um Diktatoren ging es zuletzt in der Folge "Tyrannenmord", zuvor um Waffenhandel der russischen Mafia mitten in Deutschland. Diesmal ermitteln Thorsten Falcke (Wotan Wilke Möhring) und seine Kollegin Julia Grosz (Franziska Weisz) in der weiblichen linksautonomen Szene.

Männlich unterstützt

Wobei dort eigentlich nur Grosz ermittelt: Sie zieht unter falscher Identität in eine feministische Wohngruppe und steht als Kommissarin wie als Episoden-Hauptdarstellerin im Zentrum der Geschichte. Falcke ist ihr heimlicher Unterstützer in "Schattenleben".

Das beginnt mit dem tödlichen Brandanschlag auf das Haus eines Polizeikollegen. Gleichzeitig meldet sich Ela (Elisabeth Hoffmann) bei Grosz, hochnervös und angespannt. Kurz darauf ist die Frau verschwunden.

Sie war die erste große Liebe von Julia Grosz, damals bei der gemeinsamen Polizeiausbildung erlebten sie einen leidenschaftlichen Sommer. So tiefe Einblicke in das Leben dieser Kommissarin bot noch keine "Tatort"-Folge, es ist ihr persönlichster Fall.

Radikale linke Szene

Jetzt arbeitet Ela als verdeckte Ermittlerin in der radikalen linken Szene. Aus der heraus, so glauben Grosz und Falcke wurde der Brandanschlag - nicht der erste dieser Art - geplant und ausgeführt. Als Rache für Polizeigewalt? Und warum ist Ela verschwunden? Hat sie die Seiten gewechselt? Oder ist sie aufgeflogen?

Die Beantwortung dieser Fragen zieht sich wie Kaugummi. Gefühlt ewig lange Tanzszenen füllen die Sendeminuten diese ereignisarmen, zähen Sonntagabend-Krimis (12. Juni, 20.15 Uhr, ARD), bei dem der Funke einfach nicht überspringen will.

Thema ist verschenkt

Wer es tatsächlich bis zum Schluss durchhält, wird immerhin mit einem spannenden Finale belohnt (Drehbuch: Lena Fakler, Regie: Mia Spengler).

Das heikle und gesellschaftlich relevante Thema Polizeigewalt, das die Folie der Krimi-Handlung darstellt, wird jedoch komplett verschenkt. Die offenbar angestrebte linke Milieustudie bleibt so grobschlächtig wie uninteressant. Klarer Rat: Am Sonntagabend kann man sich Besseres vornehmen als diesen drögen "Tatort"!

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