Schwindelerregende Höhen: Santiano in der Meistersingerhalle

9.12.2013, 09:00 Uhr
Schwindelerregende Höhen: Santiano in der Meistersingerhalle

© Horst Linke

Man könnte auch sagen: Santiano gingen in der Meistersingerhalle vor Anker. Aber wir wollen versuchen, diesen Artikel ohne billige Seemanns-Anspielungen über die Bühne zu bekommen. Großes Klabauter-Ehrenwort!

Das Schöne an Phänomenen wie Santiano ist ja, dass man auch mit den ausgeklügelsten Analysen nicht dahinter kommt, was das Erfolgs-Geheimnis ist. Fakt ist: Produzent Hartmut Krech hatte wohl den lichten Moment seines Lebens, als er auf die Idee kam, fünf schon leicht in die Jahre gekommene Musiker zusammenzuwürfeln und sie eine Mischung aus Shantys, Rock, Schlagern und irischen Volks- und Trinkliedern singen zu lassen.

Schwindelerregende Höhen: Santiano in der Meistersingerhalle

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Gleich das erste Album „Bis ans Ende der Welt“ ging durch die Decke und direkt auf Nummer eins der Hitparade, der Nachfolger „Mit den Gezeiten“ landete ebenfalls ganz oben. Ob in Carmen Nebels Fernsehshow, bei Schlagerkönigin Helene Fischer im Vorprogramm oder beim Wacken Open Air: Alle lieben Santiano. Das Grundschulkind, der Death Metaller, die Großmutter.

Natürlich auch in Nürnberg. Für fränkische Verhältnisse gleicht die altehrwürdige Halle bei den Stimmungsliedern des Abends schon fast einem Hexenkessel.

Schwindelerregende Höhen: Santiano in der Meistersingerhalle

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Björn Both, Hans-Timm Hinrichsen, Pete Sage und Axel Stosberg sind zu viert mit drei Tour-Musikern und Sängerin Synje Norland gekommen, das fünfte feste Bandmitglied Andreas Fahnert pausiert gerade — so ein unerwarteter Trubel kann eben sogar den stärksten Seemann (pardon!) umhauen.

Die Trümpfe der kernigen Mannen liegen auf der Hand. Erstens Björn Boths Donnergrollen-Stimme (wobei bei Santiano alle singen). Zweitens Pete Sages für den Sound unentbehrliches Geigen-Spiel. Drittens ist es äußerst geschickt, das Volk mit Melodien zu ködern, die im kollektiven Hüpf- und Schunkel-Gedächtnis tief verank... äh, verwurzelt sind („Whiskey In The Jar“, „Scarborough Fair“, „All You Zombies“). Viertens wird viel, sehr viel von Freiheit gesungen, was in diesen Zeiten (aber wahrscheinlich auch schon in allen Zeiten davor) offenbar eine sichere Bank ist.

Und fünftens ist hier gesammelte jahrzehntelange Live-Erfahrung auf der Bühne (Pete Sage war in der Band von Achim Reichel, Björn Both Frontmann der Late September Dogs). So ganz dem Zufall ist dieses Phänomen, so dämmert es einem, dann doch nicht zu verdanken...

Dass das trotzdem alles viel mehr als schnöder Schlager ist, beweist nicht zuletzt das düster-hypnotische, durchs Didgeridoo getragene „Warten bis der Wind bläst“: Großartig!

Der Spaß-Faktor an diesem Abend bewegt sich in schwindelerregenden Höhen, auch wenn die Bedingungen hoch gesteckt waren — Zitat: „Alle, die mit uns auf Kaperfahrt fahren, müssen Männer mit Bärten sein!“ Man möchte sich sofort einen wachsen lassen.
 

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