Stadt in Angst: Münchner "Tatort" im Check

26.1.2020, 19:09 Uhr
In "Unklare Lage" wird ein Mann mitten am Tag erschossen. Außerdem verdichten sich die Anzeichen, dass ein weiterer Anschlag unmittelbar bevorsteht. Batic (Miroslav Nemec), Leitmayr (Udo Wachtveitl) und das gesamte Einsatzteam stehen unter Hochdruck.

© BR / X-Filme Creative Pool GmbH / Hagen Keller In "Unklare Lage" wird ein Mann mitten am Tag erschossen. Außerdem verdichten sich die Anzeichen, dass ein weiterer Anschlag unmittelbar bevorsteht. Batic (Miroslav Nemec), Leitmayr (Udo Wachtveitl) und das gesamte Einsatzteam stehen unter Hochdruck.

Um was geht's? In einem Linienbus fallen Schüsse und töten einen Fahrkartenkontrolleur. Während das SEK sich an die Fersen des flüchtigen Täters heftet und ihn letztendlich in einem im Bau befindlichen Wohnhaus ausfindig machen und töten kann, befragen Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) die unter Schock stehenden Insassen des Busses.

Was passiert dann? Nachdem die Beamten im Rucksack des Mörders ein Funkgerät sowie mehrere hundert Schuss Munition sicherstellen und darüber hinaus eine Zeugin felsenfest davon überzeugt ist, einen zweite verdächtige Person gesehen zu haben, spricht immer mehr dafür, dass Tom Scheuer (Manuel Steitz) - so der Name des Killers - nicht allein unterwegs war. Weiteren Recherchen zufolge hatte er vor, ein Blutbad an seiner ehemaligen Schule anzurichten.

Und jetzt? Im Eiltempo verbreitet sich die Nachricht von einem zweiten flüchtigen und womöglich ebenso bis an die Zähne bewaffneten Täter. Diese und andere nicht offiziell verifizierte Meldungen versetzen eine ganze Stadt in Angst. Daher verhängen die Einsatzkräfte einen Lockdown und Kalli (Ferdinand Hofer) wird in den Führungsstab um Polizeidirektorin Saalmüller (Corinna Kirchhoff) und Vizepräsident Walter Ohnsorg (Axel Pape) berufen.

Die Geschichte hinter der Geschichte: "Unklare Lage" weist mehrere Parallelen zum Anschlag im und am Olympia-Einkaufszentrum im Münchner Stadtbezirk Moosach auf. Dort hatte der 18-jährige Schüler David Sonboly am Abend des 22. Juli 2016 neun Menschen getötet und fünf weitere verletzt. Auch damals ging die Polizei von mehreren Tätern aus. Sie riegelte ganze Straßenzüge ab, sperrte den Hauptbahnhof und ließ den Nahverkehr einstellen. München befand sich in einem beispiellosen Ausnahmezustand. Bis zur Entwarnung der Behörden gegen 1 Uhr nachts kam es zudem zu vielen Fehlalarmen und Paniken.

Der Aha-Moment des Films: Wenn der Kollege von der Spusi nach Durchsuchung der Wohnung eines Tatverdächtigen dem Kommissar mitteilt, er habe ausschließlich Schuhe in einer Größe und nur eine Zahnbürste gefunden, will er damit eigentlich zum Ausdruck bringen, dass der Tatverdächtige ziemlich sicher alleine wohnt.

Die Erklärung des Films: Unter einem Lockdown versteht man eine aus Sicherheitsgründen von behördlicher Seite aus angeordnete Abriegelung eines bestimmten Gebietes.

Die Randnotiz des Films: Nagelbomben oder auch Rohrbomben sind relativ leicht herzustellen und werden zumeist von Terroristen verwendet. Die Geschosse richten verheerende Schäden an, da sie "nicht nur durch die Explosion und den Druck töten, sondern auch dadurch, dass Nägel und Bolzen herumfliegen", so Jens-Peter Marquardt, Korrespondent der ARD in London in einem Interview nach dem Anschlag in Manchester im Mai 2017.

Unser Fazit: Pia Strietmann legt mit "Unklare Lage" einen furiosen Polizeifilm vor und ergründet darin nicht die durchaus naheliegende Frage, weshalb aus einem jungen Mann ein Amokläufer wird. Stattdessen stellt die Regisseurin den kompletten Polizeiapparat in den Fokus ihres in hektische Bilder gegossenen und nervenaufreibenden Films. Sie folgt den Beamten auf Schritt und Tritt und beobachtet im Zuge dessen, wie die Ermittler unter größter Anspannung und unter dem immensen Druck der Öffentlichkeit versuchen, ein Verbrechen aufzuklären und weitere zu verhindern. So schwingt sich dieser in gefühlter Echtzeit erzählte "Tatort", der sich kaum eine Ruhepause gönnt, von Minute zu Minute immer mehr zu einem außergewöhnlichen Fernseherlebnis auf. "Unklare Lage" fesselt und geht unglaublich nahe. Eins mit Stern.

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