Theaterfestival Lichtblicke: Start mit Performance

17.10.2019, 12:19 Uhr
Theaterfestival Lichtblicke: Start mit Performance

© Foto: Fabian Frinzel

Das analoge Programm-Angebot – 18 Produktionen aus acht Ländern an den unterschiedlichsten Spielorten – scheint anzukommen. Schon zur Eröffnung der zehnten "Lichtblicke"-Ausgabe im Nürnberger Hubertussaal waren etliche Vorstellungen des Festivals ausverkauft.

Gelockt werden die Zuschauer bis 24. Oktober mit den verschiedensten Genres. Dass es für ein Bühnenstück nicht unbedingt eine geschlossene Handlung, genau definierte Rollen und schon gar keine klare Grenze zwischen Publikum und Akteuren braucht, zeigte bereits zum Auftakt ein äußerst bewegungsintensives Projekt der Münchner Schauburg.

"Nothing Twice" wagt gleich in zweifacher Hinsicht ein Experiment: Einerseits bringt es zwei Spielarten der HipHop-Kultur – nämlich Break-Dance und Graffiti-Malerei – aus dem freien in den geschlossenen Raum eines Theaters. Darüber hinaus versucht man, die beiden jungen Kunstformen zusammenzuspannen und dabei auch noch den Stellenwert von Sprache auszuloten.

Break-Dancer Jonas Frey und der Grafitti-Künstler Cédric Pintarelli haben mit ihren kleinen Teams also einiges zu tun. Dabei sind im Bühnenraum ganz andere Hürden zu überwinden als im Freien. Spraydosen kommen nur imaginär zum Einsatz, stattdessen muss brav mit bunter Kreide auf die Schiefertafel "gemalt" werden, und für die schweißtreibenden Figuren, Locks und Power Moves der Tänzer gibt es auch im komplett leergeräumten Hubertussaal nur begrenzten Platz.

Zu schwer rhythmus-betontem Sound erobern sich die Protagonisten mit Tempo und Energie immer wieder neues Terrain zwischen den in die Szene eingebundenen Zuschauern. Das sorgt für Unmittelbarkeit, viel Bewegung und Abwechslung. Das Publikum wandert von einer Aktions-Insel zur nächsten, staunt über atemberaubende Breakdance-Nummern, bekommt Einblick in Rituale und nonverbale Kommunikations- und Ausdrucksformen der Communities. "Unsere Sprache ist schwach", heißt es einmal.

Man trifft sich zu Battles, wo die einzelnen Tänzer ihr Können zeigen, zum gemeinsamen Chillen oder um spontane Graffiti zu zaubern. Und nicht nur, wenn einer der Protagonisten eine Passage aus Nietsches "Zarathustra" gleichsam als Rap deklamiert, wird klar: die HipHop-Kultur macht sich ihre Aktionsorte zur Bühne, und so spontan oder heimlich die Inszenierungen auch sein mögen, sie brauchen Publikum – auch im öffentlichen Raum.

Mehr will "Nothing Twice" vielleicht gar nicht sagen. Sicher geht es hier auch um Gemeinschaft und gegenseitige Inspiration. Doch wer von Theater tiefgründigere Philosophien, Botschaften oder Deutungen erwartet, steht mitunter etwas ratlos vor der ein oder anderen Szene. Stattdessen werfen hier sympathische und authentische Künstlerinnen und Künstler performativ ein Schlaglicht auf eine überaus vitale Szene.

Das Festival läuft bis 24. Oktober. www.lichtblicke.festival.com

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