Erlanger Poetenfest

Trotz Regen und Corona-Regeln: Die Besucher kamen!

29.8.2021, 17:59 Uhr
Trotz Regen und Corona-Regeln: Die Besucher kamen!

© Foto: Erich Malter/Poetenfest

Auch das noch! Nicht nur die lästigen Auflagen wegen Corona und der lieben Hygiene. Nicht nur das Wetter, das schon wie im letzten Jahr wenig Erbarmen hatte mit den Dichtern und ihren immer so dankbaren Freunden und vor allem am Freitag für mehr als genug Feuchtigkeit sorgte. Bewundernswert, wie die Fans von Volker Schlöndorffs nun auch noch verlängertem "Blechtrommel"-Film fast bis Mitternacht in der Bleiche ausharrten – mit Schirm!

Alle Straßen gesperrt

Nein, auch noch die Radrennfahrer setzten dem 41. Erlanger Poetenfest zu. Oder zumindest all den Besuchern, die es für klug und bequem hielten, mit dem Auto in die Stadt fahren zu wollen. . . Klug? Nix da, kein Durch-, kein Weiterkommen. Überall waren die großen Straßen für die prominente "Deutschland Tour" gesperrt, mit Wachpersonal und einem Polizeiaufgebot, das man gern bei Querdenker-Demos hätte.

Bei ihr strahlte auch die Sonne: Dana Grigorcea stellte ihren Vampirroman "Die nicht sterben" vor.

Bei ihr strahlte auch die Sonne: Dana Grigorcea stellte ihren Vampirroman "Die nicht sterben" vor. © Harald Hofmann

Wer zum Fest fand, durfte trotzdem feiern. Und wenn dann auch noch, wie am Samstagnachmittag die Sonne herauskam und länger blieb, wurde es ja richtig lauschig an den kleinen alternativen Orten wie dem Hof des Stadtmuseums, dem Villengarten an der Schwabach oder dem Erlanger Burgberg. "Die Stimmung war trotz allem sehr gut", freut sich Festleiter Bodo Birk, und zählte dieses Jahr rund 8000 Besucher.

Heimelig wie früher

Es ist ja vielleicht sogar heilsam, das Gewimmel im Schlossgarten, das in normalen Jahrgängen mittlerweile herrscht, oder das leidige Gedränge in der Orangerie zu vergessen und sich an die Anfänge des Festivals zu erinnern: genau dort, im Grünen, bescheiden und heimelig, bewacht von den Skulpturen Heinrich Kirchners. Und die bis zu hundert Stühle waren dann auch meistens besetzt vom eisernen, meist weiblichen und meist schon etwas reiferen Stammpublikum.

Jenny Erpenbeck machte neugierig auf ihren neuen Roman "Kairos".

Jenny Erpenbeck machte neugierig auf ihren neuen Roman "Kairos". © Harald Hofmann

Es mangelte ja nicht an spannenden Themen, guten neuen Romanen (sieben davon frisch auf der Longlist des Buchpreises gelandet), an witzigen, auskunftsfreudigen wie streitbaren Autoren mit Standpunkt. Der Schweizer Jean Ziegler zum Beispiel, der in seinem Buch der eigenen Enkelin erklärt, warum man den Kapitalismus nun endlich stürzen müsse.


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Und im Markgrafentheater nun eben den Besuchern – per Video von daheim zugeschaltet. Das stört ebenso wenig wie die extremen Positionen, trifft gar auf Begeisterung. Auch Diskurse wie über die neu entdeckte Identität, sexuell oder ethnisch, über soziale Klassen oder den Klimawandel wurden bedacht und fanden ihre treuen Hörer.

Apropos Klima: Schon sehr schön, diese hölzernen Klo-Boxen mit Sägespänen, die das Poetenfest in diesem Jahr überall neu installiert hat. Nachhaltiger vielleicht als mancher gefeierte Jungstar!

Joshua Groß sprang ein

Womit wir nun nichts gegen originellen Nachwuchs wie den Grazer Ferdinand Schmalz oder Joshua Groß sagen wollen, im Gegenteil: Groß, der erfolgreiche Nürnberger Autor, Jahrgang 1989, sprang am Sonntag sogar spontan für Ulrich Peltzer ein und las aus seinen neuen Erzählungen "Entkommen".

Wer plötzlichen Regengüssen entkommen wollte, der war im Stadtmuseum bestens aufgehoben. Dort werden (bis 19. September) die zauberhaften kleinen Zeichnungen gezeigt, die der Dichter Oskar Pastior zu und neben seinen experimentellen Wortspielereien schuf. "Jalousien aufgemacht – Jalousien zugemacht", einer seiner bekanntesten Verse, gilt noch immer: Ja, beim Poetenfest macht Erlangen seine Jalousien auf.

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